Kein Gestaltungsmissbrauch durch Weiterverkauf nach Schenkung

Bahnt ein Steuerpflichtiger die Veräußerung seines Grundstücks durch seine Kinder an, das er ihnen zuvor geschenkt hatte, missbraucht er dadurch grundsätzlich keine steuerrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Dies ist laut Bundesfinanzhof auch dann der Fall, wenn er die rechtlichen Verhältnisse so gestaltet, dass sich für ihn Steuervorteile ergeben. Der Veräußerungsgewinn sei dann bei den Abkömmlingen zu erfassen.

Besteuerung eines Veräußerungsgewinns

Eine Mutter wehrte sich gegen die Besteuerung eines Gewinns aus dem privaten Veräußerungsgeschäft ihres Grundstücks, das sie 2012 zuvor an ihre zwei Kinder verschenkt hatte. Am gleichen Tag veräußerten die beiden die Liegenschaft an einen Käufer weiter. Den Verkaufserlös erhielt das Geschwisterpaar je zur Hälfte. In ihrer Steuererklärung 2012 meldete die Frau keinen Gewinn aus diesem Geschäft an. Bei einer Überprüfung ihrer Angaben stellte das Finanzamt einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO fest und erklärte, dass der Veräußerungsgewinn ihr zuzurechnen sei. Daraufhin setzte die Behörde sonstige Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft von 97.591 Euro an. 

FG erkennt auf rechtsmissbräuchlichen Steuervorteil

Der Einspruch de Frau scheiterte. Das FG Nürnberg wies die Klage ab: Durch den Umstand, dass die Schenkerin das Areal auf ihren Sohn und ihre Tochter übertragen habe, habe sie die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei sich vermieden - und einen gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil von 14.186 Euro erwirkt. Dies sei rechtsmissbräuchlich. Dagegen legte die ehemalige Eigentümerin beim BFH Revision ein - mit Erfolg.

BFH: Steuervorteile sind nicht missbräuchlich

Aus Sicht der Münchener Richter hat die Steuerpflichtige weder den Tatbestand eines privaten Veräußerungsgeschäfts nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verwirklicht noch ist ihr der Verkauf durch die Kinder persönlich zurechenbar. Vielmehr sei der Veräußerungsgewinn von den beiden Kindern erzielt worden, so dass er auch bei ihnen jeweils hälftig steuerlich zu erfassen sei. Dem IX. Senat zufolge sei darin kein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten zu erkennen, der zur Entstehung des Steueranspruchs bei der Schenkerin führen könnte. Die unentgeltliche Übertragung des Grundstücks an einen Dritten, der das Gelände veräußert, unterfalle § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG und stelle keinen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AO dar. Mithilfe dieser Vorschrift könne das Steuergesetz nicht umgangen werden. Einem Steuerpflichtigen sei es nicht verwehrt, die rechtlichen Verhältnisse so zu gestalten, dass sich eine geringere steuerliche Belastung ergebe. Vorliegend ergebe sich ein "Steuervorteil" allein daraus, dass die unentgeltliche Übertragung des Grundstücks von Gesetzes wegen akzeptiert werde, mit der Folge, dass ein Veräußerungsgewinn nicht vom Schenker, sondern vom Beschenkten nach dessen persönlichen Verhältnissen versteuert werden müsse.

BFH, Urteil vom 23.04.2021 - IX R 8/20

Redaktion beck-aktuell, 27. August 2021.