BFH: Kein Abzug sogenannter finaler Betriebsstättenverluste nach Unionsrecht

Leistet der Veräußerer bei der entgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer ausländischen Personengesellschaft wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft an den Erwerber eine Ausgleichszahlung, kann er insoweit keinen inländischen Verlust geltend machen, als die Personengesellschaft über ausländische Betriebsstätten verfügt, die nach dem einschlägigen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) nicht der inländischen Besteuerung unterliegen. Wie der Bundesfinanzhof mit einem jetzt bekannt gewordenen Urteil vom 22.02.2017 zudem entschieden hat, führt die Ausgleichszahlung aufgrund einer geänderten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auch nicht zu einem nach Unionsrecht abziehbaren sogenannten finalen Verlust (Az.: I R 2/15).

Abweichungen bislang auf unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit gestützt

Wie der BFH erläutert, ist im Ausgangspunkt die sogenannte Symmetriethese entscheidend, nach der die abkommensrechtliche Freistellung ausländischer Einkünfte sowohl positive als auch negative Einkünfte umfasst. Die Rechtsprechung von EuGH und BFH ist bislang davon ausgegangen, dass hiervon abweichend aus Gründen der unionsrechtlichen Niederlassungsfreiheit bei der inländischen Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage ein Verlustabzug möglich ist, wenn und soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass die Verluste im ausländischen Betriebsstättenstaat (sogenannter Quellenstaat) steuerrechtlich unter keinen Umständen verwertbar und damit "final" sind (sogenannte finale Verluste). Der BFH hatte dies angenommen, wenn die Verluste im Quellenstaat aus tatsächlichen Gründen nicht mehr berücksichtigt werden können oder ihr Abzug in jenem Staat zwar theoretisch noch möglich, aus tatsächlichen Gründen aber so gut wie ausgeschlossen ist und ein wider Erwarten gewährter Abzug im Ausland verfahrensrechtlich im Inland noch rückwirkend nachvollzogen werden könnte.

EuGH änderte Rechtsprechung

Diese Rechtsprechung wird jedoch vom EuGH inzwischen nicht mehr aufrecht erhalten. Im Urteil Timac Agro Deutschland vom 17.12.2015 (DStR 2016, 28) hat dieser entschieden, dass wegen fehlender tatbestandlicher Vergleichbarkeit mit einem Inlandsfall keine unionsrechtlichen Bedenken bestehen, wenn ein Mitgliedstaat einer gebietsansässigen Gesellschaft im Fall der Veräußerung einer in einem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte die Möglichkeit verwehrt, die Verluste der veräußerten Betriebsstätte in die Bemessungsgrundlage der Steuer einzubeziehen, sofern aufgrund eines DBA die ausschließliche Befugnis zur Besteuerung der Ergebnisse dieser Betriebsstätte dem Mitgliedstaat zusteht, in dem sie belegen ist. An diese Rechtsprechungsänderung sieht sich der BFH nun als gebunden an.

BFH sieht wenig Entscheidungsspielraum

Zwar sei die Bedeutung der EuGH-Entscheidung nicht unumstritten, betonte der BFH. Dennoch belasse diese Entscheidung keinen Raum "für vernünftige Zweifel hinsichtlich der richtigen Auslegung der fraglichen Rechtsnorm". Der BFH habe sich daher in seinem Urteil dem EuGH angeschlossen. Er habe davon abgesehen, die Rechtsfrage (nochmals) dem EuGH zur Entscheidung vorzulegen.

BFH, Urteil vom 22.02.2017 - I R 2/15

Redaktion beck-aktuell, 17. Mai 2017.

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