Herrschendes Unternehmen nach jeweiligem Umwandlungsvorgang zu bestimmen

Der Bundesfinanzhof hat die streitige Rechtsfrage entschieden, wer in einem mehrstufigen Konzern als "herrschendes Unternehmen" und wer als "abhängige Gesellschaft" anzusehen ist. Dies richte sich allein nach dem jeweiligen Umwandlungsvorgang, für den die Steuer nach der sogenannten Konzernklausel § 6a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) nicht erhoben werden soll. Demnach könne auch ein nachrangiges Unternehmen in der Beteiligungskette ein herrschendes Unternehmen sein.

GmbH-Anteile nach Verschmelzung übertragen

Die Klägerin war an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt. Gesellschafterin der Klägerin war eine GmbH, deren Anteile wiederum durch eine AG gehalten wurden. Die Beteiligungen bestanden seit mehr als fünf Jahren und betrugen jeweils 100%. 2011 wurde die grundbesitzende Gesellschaft auf die Klägerin verschmolzen. Dadurch gingen die Grundstücke der Gesellschaft auf die Klägerin über. Das zuständige Finanzamt gewährte dafür die Steuerbegünstigung des § 6a GrEStG. 2013 veräußerte die AG etwas mehr als 25% ihrer Anteile an der GmbH an einen Dritten. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, die Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung seien mit Wirkung für die Vergangenheit entfallen und erließ einen entsprechend geänderten Bescheid. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt.

BFH geht von Befreiung von Grunderwerbsteuer aus

Der BFH wies die Revision des Finanzamtes als unbegründet zurück. Der durch die Verschmelzung bewirkte Übergang des Eigentums an dem Grundstück unterliege zwar nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer. Dieser Erwerb sei aber nach § 6a Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit. Nach dieser Vorschrift werde die Grunderwerbsteuer für steuerbare Umwandlungsvorgänge unter anderem nicht erhoben, wenn an dem Vorgang ein sogenanntes herrschendes Unternehmen und eine sogenannte abhängige Gesellschaft beteiligt sind. Voraussetzung dafür sei, dass eine Beteiligung von 95% fünf Jahre vor und fünf Jahre nach dem Umwandlungsvorgang bestanden habe beziehungsweise weiter bestehe. Allerdings müsse die Vor- und Nachbehaltensfrist – wie der BFH bereits früher entschieden habe – nur eingehalten werden, wenn sie auch aus rechtlichen Gründen eingehalten werden könne. Die jetzt streitige Rechtsfrage, wer in einem mehrstufigen Konzern als "herrschendes Unternehmen" und wer als "abhängige Gesellschaft" anzusehen ist, sei bislang noch offen gewesen.

Jeweiliger Umwandlungsvorgang entscheidend

Der BFH hat geklärt, dass sich dies allein nach dem jeweiligen Umwandlungsvorgang richtet, für den die Steuer nach § 6a Satz 1 GrEStG nicht erhoben werden soll. Werde danach zum Beispiel in einem dreistufigen Konzern mit Mutter-, Tochter- und Enkelgesellschaft die Enkelgesellschaft auf die Tochtergesellschaft verschmolzen, sei die Tochtergesellschaft bei diesem Umwandlungsvorgang das "herrschende Unternehmen" und die Enkelgesellschaft die "abhängige Gesellschaft". Nur in diesem Verhältnis müsse die Beteiligung von 95% vor dem Umwandlungsvorgang bestehen. Die Beteiligung der Muttergesellschaft an der Tochtergesellschaft sei dafür unerheblich.

Redaktion beck-aktuell, 1. Dezember 2022.