Gutachtertätigkeiten im Auftrag des MDK nicht von Umsatzsteuer befreit

Leistungen einer Gutachterin, die im Auftrag des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten erstellt, sind nach nationalem Recht nicht von der Umsatzsteuer befreit. Auch eine Steuerbefreiung nach dem Unionsrecht ist nicht zu gewähren. Dies stellt der Bundesfinanzhof klar.

MDK wies keine Umsatzsteuer aus

Die Klägerin, eine ausgebildete Krankenschwester mit medizinischer Grundausbildung und akademischer Ausbildung im Bereich der Pflegewissenschaft sowie einer Weiterbildung in Qualitätsmanagement im Bereich der Pflege, erstellte für den MDK Niedersachsen Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten. Die Leistungen rechnete der MDK monatlich ihr gegenüber ab, wobei er keine Umsatzsteuer auswies.

Gutachterin erklärt Umsätze als steuerfrei

Die Umsätze aus der Gutachtertätigkeit erklärte die Klägerin als steuerfrei, nahm jedoch den Vorsteuerabzug aus allen Eingangsleistungen ungekürzt in Anspruch.

Finanzamt unterwirft Umsätze der Steuer

Das Finanzamt war allerdings der Auffassung, dass die Gutachtertätigkeit weder nach nationalem noch nach Unionsrecht umsatzsteuerfrei sei. Deshalb unterwarf es die Umsätze der Umsatzsteuer. Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage statt (BeckRS 2016, 123150).

BFH: Leistungen zwar eng mit Sozialfürsorge verbunden

Der BFH hob das stattgebende Urteil auf. Seiner Auffassung nach handelt es sich bei den im Rahmen der Gutachtertätigkeit erbrachten Leistungen zwar um eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem. Dabei schade es nicht, dass die Klägerin ihre Leistungen nicht an den jeweiligen Hilfsbedürftigen, sondern an den MDK erbracht hat.

Gutachterin aber keine "Einrichtung mit sozialem Charakter"

Ein erfolgreiches Berufen auf die Steuerbefreiung nach dem Unionsrecht scheitere im Streitfall allerdings daran, dass die Klägerin nicht von der Bundesrepublik Deutschland als "Einrichtung mit sozialem Charakter" anerkannt ist, so der BFH. Eine solche Anerkennung, die Voraussetzung für die unionsrechtliche Steuerbefreiung ist, folge insbesondere nicht aus der nur mittelbaren Kostenerstattung über den MDK.

BFH, Urteil vom 24.02.2021 - XI R 30/20

Redaktion beck-aktuell, 1. Juli 2021.