BFH fragt EuGH zu Umsatzsteuerfreiheit von zu Versicherungsvermittlung gehörenden Tätigkeiten

Der Bundesfinanzhof zweifelt daran, dass ein Versicherungsvermittler, der der Versicherungsgesellschaft neben seiner Vermittlungstätigkeit auch das vermittelte Versicherungsprodukt zur Verfügung stellt, umsatzsteuerfreie Leistungen erbringt. Er hat daher mit Beschluss vom 05.09.2019 ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof zur Klärung dieser Frage gerichtet (Az.: V R 58/17).

Versicherung gegen Piraterie entwickelt

Die Klägerin hatte ein Versicherungsprodukt entwickelt, mit dem Schiffe und deren Crews gegen Piraterie bei der Durchfahrt durch den Golf von Aden versichert werden konnten. Sie gewährte einer Versicherungsgesellschaft eine Lizenz für die Nutzung dieses Versicherungsprodukts. Zusätzlich übernahm sie die Vermittlung dieser Versicherungen sowie weitere Leistungen bei der Durchführung der Versicherungsverträge wie etwa im Bereich der Schadensabwicklung.

Finanzamt sah drei umsatzsteuerlich einzeln zu beurteilende Leistungen

Das Finanzamt ging davon aus, dass keine einheitliche Leistung, sondern drei getrennte Leistungen vorliegen. Dabei sei - unter Berücksichtigung einer verbindlichen Auskunft - nur die unmittelbare Tätigkeit der Versicherungsvermittlung nach § 4 Nr. 11 UStG steuerfrei. Die Lizenzüberlassung unterliege dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG, während auf weitere Leistungen zur Vertragsdurchführung einschließlich Schadensregulierung der Regelsteuersatz anzuwenden sei. Daher unterwarf das Finanzamt 25% der Gesamtvergütung für die Lizenzüberlassung dem ermäßigten Steuersatz und 8% der Gesamtvergütung für die verwaltungsbezogenen Leistungen dem Regelsteuersatz. Demgegenüber begehrte die Klägerin die volle Umsatzsteuerfreiheit.

FG und BFH gehen von einheitlicher steuerpflichtiger Leistung aus

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg, da umsatzsteuerrechtlich nur eine Leistung vorliege, die insgesamt steuerpflichtig sei (BeckRS 2017, 130896). Auch der BFH geht von einer einheitlichen Leistung aus. Er hat aber Zweifel an der zutreffenden Auslegung des unionsrechtlichen Steuerbefreiungstatbestandes für die Versicherungsvermittlung. Nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG (Mehrwertsteuersystemrichtlinie) seien Versicherungs- und Rückversicherungsumsätze einschließlich der dazu gehörenden Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden, steuerfrei. Der EuGH solle hierzu klären, ob eine einheitlichen Leistung bestehend aus Versicherungsvermittlung, Lizenzgewährung zur Bereitstellung eines Versicherungsprodukts sowie weiteren Leistungen zur Vertragsdurchführung einschließlich Schadensregulierung insgesamt steuerfrei ist, obwohl nur eine Nebenleistung (Versicherungsvermittlung) bei eigenständiger Betrachtung steuerfrei wäre.

BFH, Beschluss vom 05.09.2019 - V R 58/17

Redaktion beck-aktuell, 12. Dezember 2019.