BFH: Forderungsverzicht eines Gesellschafters kann nach Einführung der Abgeltungsteuer zu berücksichtigender Verlust sein

Der Verzicht eines Gesellschafters auf eine Darlehensforderung gegen die Gesellschaft kann nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen führen. Dies hat der Bundesfinanzhof zu § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2 und Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes entschieden. Mit diesem Urteil vom 06.08.2019 (Az.: VIII R 18/16) setzt der VIII. Senat seine Rechtsprechung fort, nach der seit Einführung der Abgeltungsteuer grundsätzlich sämtliche Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen zu erfassen sind und dies gleichermaßen für Gewinne und Verluste gilt (NZI 2018, 167). 

Veräußerungsverlust geltend gemacht

Im Streitfall war der Kläger zu mehr als 10% an einer GmbH beteiligt. Er hatte Forderungen gegen die GmbH im Nennwert von 801.768,78 Euro für einen Kaufpreis von 364.154,60 Euro erworben. Der Kläger verzichtete gegenüber der GmbH auf einen Teilbetrag seiner Darlehensforderung in Höhe von 275.000 Euro. Im Hinblick auf einen teilentgeltlichen Erwerb zu 43,5% ging er davon aus, dass er einen Veräußerungsverlust in Höhe von 119.625 Euro erlitten habe. Dem folgten Finanzamt und Finanzgericht nicht.

BFH bejaht zu berücksichtigenden Forderungsausfall

Demgegenüber steht nach dem Urteil des BFH der Verzicht des Gesellschafters auf den nicht werthaltigen Teil seiner Forderung gegen die Kapitalgesellschaft einer Abtretung gleich und führt nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG steuerlich zu berücksichtigenden Forderungsausfall. Es liege insoweit auch keine Einlage vor. Ein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasster, unbedingter Verzicht eines Gesellschafters auf einen Teil der ihm gegen die Kapitalgesellschaft zustehende Darlehensforderung führe nur insoweit zu einer Einlage im Sinn des § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG, als der Gesellschafter auf den werthaltigen Teil der Forderung verzichtet. Die Einlage setze dabei voraus, dass der Verzichtsbetrag den Nennwert des nicht werthaltigen Teils der Forderung übersteigt. Stehen dem durch die Einlage bewirkten Zufluss Anschaffungskosten in gleicher Höhe gegenüber, falle somit kein Gewinn im Sinn des § 20 Abs. 4 EStG an.

Mangels Anschaffungskosten Klage abzuweisen

Gleichwohl habe sich die Klageabweisung durch das FG im Ergebnis als zutreffend erwiesen, so der BFH weiter. Denn steuerliche Auswirkungen hätte der Forderungsverzicht nur gehabt, wenn der Steuerpflichtige für den nicht werthaltigen Teil der Forderung Anschaffungskosten getragen hätte. Hieran habe es im Streitfall gefehlt. Der Kläger habe die Forderung im Nennwert von 801.768 Euro zum Kaufpreis von 364.154 Euro erworben. Der Kaufpreis sei bei wirtschaftlicher Betrachtung für den werthaltigen Teil der Forderung aufgewandt worden. Der Verzicht in Höhe von 275.000 Euro bezog sich laut BFH somit auf den nicht werthaltigen Teil der Forderung, für den dem Kläger keine Anschaffungskosten entstanden waren. Seine Leistungsfähigkeit sei durch den Verzicht auf den nicht werthaltigen Teil der Forderung folglich nicht gemindert gewesen.

BFH, Urteil vom 06.08.2019 - VIII R 18/16

Redaktion beck-aktuell, 14. November 2019.