Gemeinnützigkeit fehlt bei übermäßiger Geschäftsführervergütung
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Eine Körperschaft verliert ihre Gemeinnützigkeit, wenn sie ihrem Geschäftsführer unverhältnismäßig hohe Bezüge gewährt. Ob im Einzelfall eine solche Vergütung anzunehmen ist, ist durch einen Fremdvergleich zu ermitteln. Das hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 03.07.2020 entschieden.

Finanzamt versagt Gemeinnützigkeit

Eine gGmbH wehrte sich gegen die Versagung ihrer Gemeinnützigkeit durch ein Finanzamt für die Jahre 2005-2010 wegen unangemessen hoher Geschäftsführerbezüge. Sie engagierte sich in der psychiatrischen Arbeit und erbrachte in erster Linie Leistungen im Bereich der Gesundheits- und Sozialbranche. Das Finanzamt führte bei ihr mehrere Betriebsprüfungen durch. Diese ergaben, dass sie ihrem Geschäftsführer von 2005-2010 Jahresvergütungen von 136.000 Euro bis 283.000 Euro gezahlt hatte. Sein Vertreter erhielt noch einmal die Hälfte davon. Hinzu kamen Bezüge aus der Tätigkeit für einen Trägerverein. Die Betriebsprüfung war der Auffassung, dass solche Bezüge sowie die sprunghaften Gehaltssteigerungen unangemessen hoch seien. Das Finanzamt entzog der gGmbH daraufhin den Status der Gemeinnützigkeit. Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern wies ihre Klage ab: Das Finanzamt sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Gesellschaft für die Veranlagungszeiträume die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit nicht erfüllt habe.

BFH: Externer Fremdvergleich durch Gehaltsstrukturuntersuchungen

Der BFH bestätigte diese Entscheidung, mit Ausnahme der Jahre 2006 und 2007. Maßgeblich für die Feststellung von unverhältnismäßig hohen Vergütungen sei ein sogenannter externer Fremdvergleich. Aus Sicht der Münchener Richter können als Ausgangspunkt hierfür allgemeine Gehaltsstrukturuntersuchungen für Wirtschaftsunternehmen herangezogen werden, ohne dass dabei ein "Abschlag" für Geschäftsführer von gemeinnützigen Organisationen vorzunehmen ist. Da sich der Bereich des Angemessenen auf eine Bandbreite erstrecke, seien nur diejenigen Bezüge als unangemessen zu bewerten, die den oberen Rand dieser Bandbreite um mehr als 20% übersteigen. Liegt ein unangemessen hohes Geschäftsführergehalt vor, ist dem BFH zufolge unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ein Entzug der Gemeinnützigkeit allerdings erst dann gerechtfertigt, wenn es sich nicht lediglich um einen geringfügigen Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO handelt.

Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG

Das FG Mecklenburg-Vorpommern habe im konkreten Fall verkannt, dass im Streitjahr 2006 die Angemessenheitsgrenze lediglich geringfügig (um circa 3.000 Euro) überschritten wurde, so der Vorwurf des BFH. Für das Jahr 2007 habe es unterlassen, bei der Angemessenheitsprüfung einen Sicherheitszuschlag anzusetzen. Bei Gesamtbezügen von 137.000 Euro sei die Angemessenheitsgrenze von 158.000 Euro im Jahr 2007 sogar deutlich unterschritten worden.

Grundlagenentscheidung

Der Bundesfinanzhof betonte in seiner Pressemitteilung die potenziellen Auswirkungen der Entscheidung: "Das Urteil ist von weitreichender Bedeutung für die Besteuerung gemeinnütziger Körperschaften, da es die Grundlagen für die Ermittlung von noch zulässigen Geschäftsführerbezügen aufzeigt und diese Grundsätze auch auf andere Geschäftsbeziehungen mit gemeinnützigen Körperschaften (z.B. Miet-, Pacht-, Darlehensverträge) angewendet werden können."

BFH, Urteil vom 12.03.2020 - V ZR 5/17

Redaktion beck-aktuell, 20. August 2020.