Einordnung als Post-Universaldienstleistung unklar
§ 4 Nr. 11b UStG ordnet in seiner heute geltenden Fassung unter Bezugnahme auf das unionsrechtlich harmonisierte Postrecht eine Umsatzsteuerfreiheit sogenannter Post-Universaldienstleistungen an. Mit der Vorlage im ersten Fall (Az.: V R 8/16) soll geklärt werden, ob es sich bei der förmlichen Zustellung von Schriftstücken nach den Vorschriften der Prozessordnungen und der Gesetze über die Verwaltungszustellung nach § 33 Abs. 1 Postgesetz um eine Post-Universaldienstleistung handelt und ob diese Leistung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuersystemrichtlinie als unionsrechtlicher Grundlage von § 4 Nr. 11b UStG steuerfrei ist. Die Vorlage im zweiten Fall (Az.: V R 30/15) bezieht sich auf eine frühere Gesetzesfassung von § 4 Nr. 11b UStG. Die Finanzverwaltung sieht derartige Leistungen allgemein als umsatzsteuerpflichtig an.
Beitrag zur verlässlichen und ordnungsgemäßen Rechtspflege
Die Umsatzsteuerfreiheit bezieht sich nach bisheriger Rechtsprechung auf postalische Dienstleistungen, die den grundlegenden Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechen und die damit den gesamten Universalpostdienst in einem Mitgliedstaat oder einem Teil davon gewährleisten. Für eine Steuerfreiheit auf dieser Grundlage spricht aus Sicht des BFH, dass förmliche Zustellungen wie im behördlichen Postverkehr der nachprüfbaren Zustellung von amtlichen Schreiben dienen. Sie würden die nachprüfbare Zustellung von Klage- und Antragsschriften oder die Zustellung von gerichtlichen Entscheidungen ermöglichen, wodurch Rechtsmittelfristen in Lauf gesetzt werden. Förmliche Zustellungen seien unabdingbar für ein geordnetes Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren und würden damit zu einer verlässlichen und ordnungsgemäßen Rechtspflege beitragen. Gleichwohl hat der BFH Zweifel an der zutreffenden Auslegung des Unionsrechts, so dass eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen war.