BFH befragt EuGH zu Hinzurechnungsbesteuerung von Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter

Der Bundesfinanzhof hat Zweifel, ob die sogenannte Hinzurechnungsbesteuerung von Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter in Drittstaatensachverhalten vollständig mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Er hat daher mit Beschluss vom 12.10.2016 den Gerichtshof der Europäischen Union angerufen. In dem Verfahren geht es um eine Zwischengesellschaft mit Sitz in der Schweiz. Die nunmehr vom EuGH zu klärende Streitfrage könne allgemein für Beteiligungen an Gesellschaften mit Sitz außerhalb der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums von Bedeutung sein, betonte der BFH (Az.: I R 80/14).

Fiskus will Gewinnverlagerungen ins Ausland gegensteuern

Mithilfe der Hinzurechnungsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz (AStG) versucht der deutsche Fiskus, Gewinnverlagerungen in das niedriger besteuernde Ausland entgegenzuwirken. Bestimmte Einkünfte ("Zwischeneinkünfte") von Auslandsgesellschaften ("Zwischengesellschaften"), an denen in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtige beteiligt sind und die in ihren Sitzstaaten mit geringeren Ertragsteuersätzen als 25% besteuert werden, werden unter bestimmten Voraussetzungen den in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern anteilig zugerechnet und bei diesen ähnlich Gewinnausschüttungen besteuert, ohne dass es darauf ankommt, ob die Gesellschafter tatsächlich Gewinnausschüttungen erhalten haben oder nicht.

Einkünfte Schweizer AG zulasten deutscher GmbH besteuert

In dem Verfahren vor dem BFH ist eine deutsche GmbH zu 30% an einer Schweizer AG beteiligt. Diese erzielte Einkünfte aus abgetretenen Geldforderungen, die das Finanzamt zulasten der GmbH als Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter der Hinzurechnungsbesteuerung unterwarf.

Von EuGH geforderter Motivtest in deutschem Recht verankert

Der EuGH hat hinsichtlich einer vergleichbaren britischen Regelung im Jahr 2006 entschieden, dass eine Hinzurechnungsbesteuerung nur dann mit der unionsrechtlich verbürgten Niederlassungsfreiheit vereinbar ist, wenn der Steuerpflichtige die Besteuerung durch den Nachweis abwenden kann, dass es sich bei der Beteiligung an der Zwischengesellschaft nicht um eine rein künstliche Gestaltung handelt, die nur dazu dient, den höheren inländischen Steuersätzen zu entgehen (sogenannter Motivtest). Den deutschen Gesetzgeber hat die EuGH-Rechtsprechung dazu bewogen, für Beteiligungen an Zwischengesellschaften aus EU- und EWR-Staaten ab dem Jahr 2008 eine Entlastungsmöglichkeit durch einen Motivtest gesetzlich zu verankern (§ 8 Abs. 2 AStG).

Möglicher Verstoß gegen Kapitalverkehrsfreiheit wegen fehlender Entlastungsmöglichkeit

Für in Drittstaaten wie der Schweiz ansässige Zwischengesellschaften gibt es jedoch keine vergleichbare Entlastungsmöglichkeit. Dies könnte nach Auffassung des BFH gegen die unionsrechtlich verbürgte Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen, die – anders als die Niederlassungsfreiheit – grundsätzlich auch im Verkehr mit Drittstaaten geschützt ist.

BFH, Beschluss vom 12.10.2016 - I R 80/14

Redaktion beck-aktuell, 15. März 2017.

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