BFH ändert Rechtsprechung: Aufsichtsratsmitglied zumindest bei Festvergütung kein Unternehmer

Trägt das Mitglied eines Aufsichtsrats aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko, ist es nicht als Unternehmer tätig. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 27.11.2019 entschieden und damit seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben (Az.: V R 23/19 und V R 62/17).

Aufsichtsratsmitglied wendet sich gegen Einordnung als Unternehmer

Der Kläger war leitender Angestellter der S-AG und zugleich Aufsichtsratsmitglied der E-AG, deren Alleingesellschafter die S-AG war. Nach der Satzung der E-AG erhielt jedes Aufsichtsratsmitglied für seine Tätigkeit eine jährliche Festvergütung von 20.000 Euro oder einen zeitanteiligen Anteil hiervon. Der Kläger wandte sich gegen die Annahme, dass er als Mitglied des Aufsichtsrats Unternehmer sei und in dieser Eigenschaft umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringe. Einspruch und Klage zum Finanzgericht hatten keinen Erfolg.

BFH verweist auf EuGH-Vorgaben

Demgegenüber gab der BFH der Klage statt. Er begründete dies mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, die bei der Auslegung des nationalen Rechts zu berücksichtigen sei (DStR 2019, 1396). Nach der EuGH-Rechtsprechung übe das Mitglied eines Aufsichtsrats unter bestimmten Voraussetzungen keine selbstständige Tätigkeit aus. Maßgeblich sei, dass das Aufsichtsratsmitglied für Rechnung und unter Verantwortung des Aufsichtsrats handelt und dabei auch kein wirtschaftliches Risiko trägt. Letzteres ergab sich laut BFH in dem vom EuGH entschiedenen Einzelfall daraus, dass das Aufsichtsratsmitglied eine feste Vergütung erhielt, die weder von der Teilnahme an Sitzungen noch von seinen tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden abhängig war.

BFH: Festvergütung steht selbstständiger Tätigkeit entgegen

Dem hat sich der BFH in seinem neuen Urteil unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung für den Fall angeschlossen, dass das Aufsichtsratsmitglied für seine Tätigkeit eine Festvergütung erhält. Ausdrücklich offengelassen hat der BFH, ob für den Fall, dass das Aufsichtsratsmitglied eine variable Vergütung erhält, an der Unternehmereigenschaft entsprechend bisheriger Rechtsprechung festzuhalten ist.

BFH, Urteil vom 27.11.2019 - V R 23/19

Redaktion beck-aktuell, 6. Februar 2020.