Ein Richter hat vor dem BFH kein Recht zur Selbstvertretung. So entschied der BFH und verwarf die Nichtzulassungsbeschwerde eines aktiven Sozialrichters. Das Gericht verwies auf den in der Finanzgerichtsordnung normierten gesetzlichen Vertretungszwang (Beschluss vom 06.05.2025 – VI B 41/24).
Der Richter war der Ansicht, der Vertretungszwang in § 62 FGO sei eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Richtern und Rechtsanwälten. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind, so wie Steuerberater und Steuerberaterinnen, Steuerbevollmächtigte, Wirtschafts- und Buchprüferinnen und Buchprüfer, zur Vertretung vor dem BFH berechtigt. Das umfasst das Recht, sich selbst zu vertreten (§ 62 Abs. 4 FGO). Diese Ungleichbehandlung habe aber durchaus ihre Gründe, so der BFH.
Richterinnen und Richter bewusst ausgenommen
Schon 1978 habe das BVerfG den Vertretungszwang vor dem BFH gebilligt – damals noch in der alten Fassung des Gesetzes zur Entlastung des BFH (Beschluss vom 07.08.1978 – 2 BvR 26/77). Laut den Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichtern fuße die gesetzgeberische Entscheidung auf sachgerechten und vernünftigen Gründen des Gemeinwohls. Zur Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens müsse sichergestellt werden, dass nur qualifizierte Personen vor dem BFH aufträten. Für die Definition "qualifizierter Personen" in diesem Sinne habe der Gesetzgeber einen Ermessensspielraum.
Dieser Linie schloss sich der BFH auch für die neuere Fassung des § 62 FGO an (Beschluss vom 06.05.2025 – VI B 41/24). Der Zweck der Vorschrift werde auch aus heutiger Sicht erreicht. Sie solle die Gerichte vor Rechtsbehelfen schützen, deren Erfolgsaussichten aufgrund mangelnder Vorbildung falsch eingeschätzt würden; das komme auch den Klägerinnen und Klägern selbst zugute.
Eine juristische Ausbildung oder besonderes Steuerrechtswissen reichten für die Vertretung vor dem BFH nicht aus – das sei gerade der Wille des Gesetzgebers. Würde man entgegen dem Wortlaut des Gesetzes eine andere Berufsgruppe zulassen, würde das diese Regelungen unterlaufen. Außerdem müssten Richterinnen und Richter im Gegensatz zu den sonst Vertretungsberechtigten nicht etwa Kammerbeiträge oder Haftpflichtversicherungen zahlen. Diese Kostenersparnis wäre ein Wettbewerbsvorteil, und damit wiederum eine rechtswidrige Ungleichbehandlung – der Vertretungszwang selbst allerdings nicht. Dagegen sprächen weder die grundgesetzliche Rechtsschutzgarantie (Art. 19 GG) noch der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG).