Eine Frau musste aufgrund eines schweren medizinischen Behandlungsfehlers ihren Beruf aufgeben. Von der Versicherung des Schädigers erhielt sie jährlich ihren Verdienstausfallschaden ersetzt. Die Zahlungen musste sie als Entschädigung für entgehenden Arbeitslohn versteuern (§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG). Mit der Versicherung einigte sie sich auf eine Abrechnung des Schadens "nach der modifizierten Nettolohntheorie". Demzufolge sollte zunächst der ausgefallene Nettoverdienst gezahlt und später die tatsächlich angefallene Einkommensteuer erstattet werden.
In den Streitjahren kam die Versicherung ihrer Pflicht nach, die von der Geschädigten in den Vorjahren bereits geleisteten Einkommensteuerzahlungen für die erhaltenen Entschädigungsleistungen zu erstatten. Finanzamt und FG meinten, diese Erstattungen unterlägen selbst der Einkommensteuer. Die Geschädigte hingegen ging davon aus, dass es sich um einen Steuerschaden handele, dessen Ersatz keine Steuer auslöse.
Auch erstattete Steuerlast unterliegt Einkommensteuer
Der BFH folgte dem nicht und wies die Revision der Frau zurück (Urteil vom 15.10.2024 – IX R 5/23). Zu den steuerpflichtigen Entschädigungen zähle nicht nur der zunächst gezahlte Ausfall des Nettoverdienstes, sondern ebenso die vom Schädiger später erstattete Steuerlast.
Der BFH knüpfte insoweit an die zivilrechtlichen Wertungen an, die den Schädiger beziehungsweise dessen Versicherung verpflichteten, auch die auf den Verdienstausfallschaden entfallende Steuer zu übernehmen. Der Nettoverdienstausfall und die Steuerlast seien Bestandteile eines einheitlichen Schadensersatzanspruchs, die lediglich zu unterschiedlichen Zeitpunkten ausgezahlt würden. Beides diene dem Ersatz entgehender Einnahmen des Geschädigten.
Eine tarifermäßigte Besteuerung der Steuererstattungen schloss der BFH aus. Dies lag insbesondere daran, dass die Geschädigte ihren gesamten Verdienstausfallschaden (einschließlich der hierauf beruhenden Steuerlasten) nicht zusammengeballt in nur einem Jahr ersetzt erhielt. Die Verteilung der Zahlungen auf mehrere Jahre nahm der Entschädigung laut BFH die für eine ermäßigte Besteuerung gemäß § 34 EStG notwendige "Außerordentlichkeit".