Betreuungsanspruch nur mit Masernschutzimpfung oder Kontraindikation

Einem dreijährigen Kind kann der Zugang zu einer Kindertageseinrichtung verwehrt werden, wenn die nach dem Infektionsschutzgesetz für den Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen erforderliche Masernschutzimpfung oder eine entsprechende Kontraindikation nicht hinreichend nachgewiesen ist. Das hat das Oberverwaltungsgericht Münster in einem Eilverfahren entschieden.

Eltern legten Attest vor

Dem antragstellenden dreijährigen Jungen war trotz eines wirksamen Betreuungsvertrags der Besuch einer Kindertageseinrichtung in der Stadt Erkelenz verwehrt worden, weil seine Eltern für ihn weder einen Nachweis über ausreichenden Impfschutz oder eine Immunität gegen Masern noch ein ärztliches Zeugnis über eine medizinische Kontraindikation hinsichtlich der Impfung vorgelegt hatten. Die Eltern beriefen sich darauf, dass eine Impfung wegen diverser Allergien, unter anderem gegen verschiedene Inhaltsstoffe der Masernschutzimpfung, nicht in Betracht komme und legten ein entsprechendes Attest des behandelnden Arztes vor. 

OVG: Erhebliche Zweifel an Beweiswert des Attestes

Für den Zwölften Senat war der erforderliche Nachweis über eine Kontraindikation trotz Vorlage des Attestes nicht erbracht, da erhebliche Zweifel am Beweiswert des - jedenfalls auf Plausibilität nachprüfbaren -ärztlichen Zeugnisses bestanden. Denn aus einer nachfolgenden ärztlichen Bescheinigung habe sich ergeben, dass der Feststellung der Impfunverträglichkeit keine medizinisch anerkannte Testung beziehungsweise Diagnostik zugrunde lag, sondern sie lediglich auf den Angaben der Eltern beruhte.

Pollenallergie nicht ausreichend

Auch der Umstand, dass es in der Vergangenheit bei dem Kind zu teilweise erheblichen allergischen Reaktionen auf andere Stoffe wie Birken- oder Haselpollen gekommen sei und damit möglicherweise auch ein erhöhtes Risiko für eine allergische Impfreaktion bestehe, reicht laut OVG für einen Erfolg im Eilverfahren nicht aus, zumal nach ärztlichen Angaben eine nähere allergologische Abklärung mittels eines Prick-Tests möglich sei.

Regelung nicht offensichtlich verfassungswidrig

Die maßgebliche Regelung des Infektionsschutzgesetzes ist laut OVG auch nicht in einer Weise offensichtlich verfassungswidrig, dass ihre Nichtanwendung im Eilverfahren in Betracht komme. Das Bundesverfassungsgericht habe zudem - betreffend die Verfassungsmäßigkeit des Nachweises über eine Masernschutzimpfung beziehungsweise Kontraindikation - das Interesse der Eltern und Kinder auf Betreuung in einer Gemeinschaftseinrichtung gegenüber dem öffentlichen Interesse, infektionsbedingte Risiken für Leib und Leben einer Vielzahl von Personen abzuwehren, zurücktreten lassen, so das OVG.

OVG Münster, Beschluss vom 29.10.2021 - 12 B 1277/21

Redaktion beck-aktuell, 2. November 2021.