Besitz kinderpornografischen Materials erlaubt Entfernung aus Beamtenverhältnis

Bei einer Disziplinarklage gegen einen Justizvollzugsbeamten wegen des Besitzes kinderpornografischen Bildmaterials reicht der Orientierungsrahmen für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Das hat das Bundesverwaltungsgericht am 16.06.2020 entschieden. Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im konkreten Fall nur auf eine Zurückstufung in das nächstniedrigere Amt erkannt hatten, hob das BVerwG auf.

Bewährungsstrafe wegen Besitzes kinderpornografischen Materials

Der beklagte Beamte ist Justizvollzugsbeamter des klagenden Landes. Im August 2013 wurde unter anderem auf seinem privaten Computer eine Vielzahl kinderpornografischer Bilder und Videos entdeckt. Durch Strafbefehl wurde gegen den Beamten wegen öffentlichen Zugänglichmachens von kinderpornografischem Material gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB a.F. eine Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten festgesetzt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Beamter zunächst "nur" zurückgestuft

Mit seiner daraufhin erhobenen Disziplinarklage strebt das klagende Land die disziplinargerichtliche Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis an. Das Verwaltungsgericht ist nach eigener Sachaufklärung und abweichend von dem Strafbefehl lediglich vom Besitz kinderpornografischen Materials gemäß § 184b Abs. 4 StGB a.F. ausgegangen und hat auf eine Zurückstufung des Beamten in das nächstniedrigere Amt erkannt. Die dagegen gerichtete Berufung des Landes hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen.

BVerwG entfernt Beamten aus Beamtenverhältnis

Das BVerwG hat die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und den Beamten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen habe der Beamte über 1.000 Bilddateien mit kinderpornografischem Material auf verschiedenen privaten Medien gespeichert. Damit habe er gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten verstoßen. Das Fehlverhalten des Beklagten sei, obwohl außerdienstlich begangen, disziplinarwürdig, weil es zum Tatzeitpunkt strafrechtlich mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren geahndet habe werden können.

Entfernung aus dem Dienst nur bei Bezug zu Statusamt

Zwar reiche bei einem Strafdelikt mit dieser Strafandrohung normalerweise der Orientierungsrahmen für die disziplinargerichtliche Ahndung nur bis zu einer Zurückstufung in ein niedrigeres Amt, so das BVerwG. Es gelte aber ein weiter reichender Orientierungsrahmen bis hin zur Entfernung aus dem Dienst, wenn der Besitz des kinderpornografischen Materials einen hinreichenden Bezug zu dem Statusamt des Beamten aufweise. Letzteres habe das BVerwG bislang zum einen bei Lehrern (vor allem wegen ihrer Obhutspflicht für die ihnen anvertrauten Kinder) und zum anderen bei Polizeivollzugsbeamten (weil diese Straftaten zu verhindern haben) bejaht.

Erforderlicher Bezug bei Justizvollzugsbeamten gegeben

Dieser weiter reichende Orientierungsrahmen gelte auch für Justizvollzugsbeamte, entschied jetzt das BVerwG. Dies beruhe unter anderem auf der Erwägung, dass – würde ihr Fehlverhalten bekannt – dies zu einem Achtungs- und Autoritätsverlust führte, der es ausschließe, sie statusamtsgemäß zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung in einer Justizvollzugsanstalt einzusetzen. Bei einem möglichen, ebenfalls statusamtsgemäßen Einsatz in einer Jugendstrafvollzugsanstalt könnten zudem Jugendliche ab 14 Jahren in ihrer Obhut sein.

BVerwG, Urteil vom 16.06.2020 - 2 C 12.19

Redaktion beck-aktuell, 17. Juni 2020.