Die Änderung des § 87 Abs. 1 Satz 1 AO ist Teil des Jahressteuergesetzes 2024, das am heutigen Freitag in einer vom Finanzausschuss vorgeschlagenen Fassung verabschiedet wurde. Die neue Regelung verbietet es Anwältinnen und Anwälten weitgehend über das beA mit dem Finanzamt zu kommunizieren. Zuvor hatte es einige Kritik an der Regelung gegeben, weshalb das Kabinett den Passus eigentlich wieder hatte streichen wollen.
Nun ist das Verbot doch im Gesetz gelandet – vermutlich aber nur aufgrund einer Unachtsamkeit bei der Umsetzung der Beschlussempfehlungen. Wie LTO im Lauf des Freitags berichtete, sei die Änderung aus Versehen in die Beschlussempfehlung geraten. Rechtspolitiker hätten angekündigt, noch im November einen Änderungsantrag auf den Weg zu bringen.
Chaos beim Gesetzgebungsverfahren
Das beA-Verbot war nicht der einzige Punkt, der bei dem Jahressteuergesetz für Aufregung gesorgt hatte. Im Rahmen der Aussprache im Bundestag kritisierten zahlreiche Politikerinnen und Politiker das chaotische Gesetzgebungsverfahren, bei dem es zahlreiche Rückzieher und Änderungsanträge in letzter Minute gegeben habe.
Tatsächlich war es auch beim beA-Verbot chaotisch zugegangen. Im ersten Gesetzentwurf des Jahressteuergesetzes 2024 aus dem Juni war die Änderung des § 87 Abs. 1 Satz 1 AO noch vorgesehen gewesen. In der Begründung war die Rede von einer überlasteten Finanzverwaltung gewesen. Wenn Anwältinnen und Anwälte Dokumente über das beA ans Finanzamt schickten, so der Entwurf, beeinträchtige das das steuerliche Massengeschäft erheblich. Deshalb solle die Übermittlung per beA unzulässig sein.
Das hatte eine Welle des Protests innerhalb der Anwaltschaft ausgelöst. Auch die Verbände hatten sich zu Wort gemeldet. So hatte die BRAK ein Schreiben ihres Präsidenten Ulrich Wessels an das Ministerium geschickt, in dem Sie das Vorhaben scharf kritisierte.
beA-Verbot tauchte im Beschlussantrag wieder auf
Mit ihrer Kritik war die Anwaltschaft zunächst erfolgreich. Das Kabinett entschied am 5. Juni, das beA-Verbot aus dem Gesetzentwurf zu streichen. Doch dann die Überraschung: In seiner Beschlussempfehlung vom 16. Oktober – zwei Tage bevor das Gesetz im Bundestag verabschiedet werden sollte – nahm der Finanzausschuss das beA-Verbot wieder auf.
Dieser erneute – und sehr kurzfristige – Vorstoß des Finanzausschusses löste den nächsten Sturm der Empörung aus. So schrieb etwa Rechtsanwalt Tom Braegelmann auf LinkedIn: "Vor vier Monaten sollte das schon mal kommen, aber die Anwälte/innen haben das damals verhindert (…). Das jetzt so auf die heimliche Tour innerhalb von drei Tagen doch ins Gesetz hineinzuschmuggeln, finde ich unsäglich." Viele schlossen sich in den sozialen Medien seiner Kritik an
Auch die BRAK reagierte mit einer scharfen Stellungnahme. "Es ist empörend, dass durch die Hintertür - geradezu heimlich - nun doch wieder verhindert werden soll, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte über ihre elektronischen Postfächer mit den Finanzbehörden kommunizieren“, schrieb Leonora Holling, Schatzmeisterin der BRAK und im Präsidium unter anderem für Steuerrecht zuständig: „Das stellt einen Rückschritt dar, der sich mit der Arbeitsbelastung der Verwaltung schlicht nicht begründen lässt."
Alles nur ein Versehen?
In der geänderten Fassung des Finanzausschusses wurde das Gesetz dann – samt beA-Verbot – angenommen. Für das Jahressteuergesetz 2024 stimmten im Bundestag die Ampel-Fraktionen. Nun zeichnet sich ab, dass das Gesetz jedenfalls beim beA-Verbot noch einmal angefasst werden muss. Ob die Korrektur tatsächlich im November kommt, werden Anwältinnen und Anwälte abwarten müssen.
*Dieser Beitrag wurde am Tag der Veröffentlichung um die Stellungnahme der BRAK und den Kabinettsbeschluss ergänzt (Denise Dahmen, 11:45 Uhr, 17:15 Uhr).