Beschlüsse des Bundesrats aus der 1000. Sitzung - Bestandsdatenauskunft gestoppt
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© Wolfgang Kumm / dpa

Der Bundesrat machte in seiner 1000. Sitzung am 12.02.2021 den Weg frei für acht Gesetze aus dem Bundestag - sie können nun wie geplant in Kraft treten. Unter anderem ging es um das Elterngeld, die weitere Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zahlreiche Regelungen für medizinische Berufe. Der Bundestagsbeschluss zur Bestandsdatenauskunft fand allerdings nicht die Zustimmung der Länder.

Der Bezug von Elterngeld wird flexibler

Der Bundesrat hat am einen Gesetzesbeschluss des Bundestags gebilligt, der den Bezug von Elterngeld flexibler gestaltet. Die während des Elterngeldbezugs und der Elternzeit zulässige Arbeitszeit steigt von 30 auf 32 Wochenstunden. Der Partnerschaftsbonus für die parallele Teilzeit beider Eltern ist künftig mit 24-32 Wochenstunden statt mit bisher 25-30 Wochenstunden möglich. Eltern bekommen jeweils einen weiteren Monat Elterngeld, wenn die Kinder mindestens sechs, acht, zwölf oder sechzehn Wochen zu früh geboren wurden. Ein Antragsrecht für Eltern mit geringen selbständigen Nebeneinkünften ermöglicht diesen eine bessere Berücksichtigung ihrer Einnahmen. Eltern, die während des Elterngeldbezugs Teilzeit arbeiten, müssen nur im Ausnahmefall nachträglich Nachweise über ihre Arbeitszeit erbringen. Elterngeld erhalten künftig nur noch Eltern, die weniger als 300.000 Euro im Jahr verdienen - bisher lag die Grenze bei 500.000 Euro. Das Gesetz enthält auch Regelungen, die sicherstellen sollen, dass Eltern durch die Pandemie keine Nachteile beim Elterngeld- und Partnerschaftsbonusbezug entstehen, etwa, weil sie Einkommensersatzleistungen wie Kurzarbeitergeld oder Krankengeld erhalten. Das Gesetz soll zu großen Teilen am 01.09.2021 in Kraft treten. 

Länder fordern Nachbesserungen

Die darin enthaltenen Corona-Sonderregelungen, die sicherstellen sollen, dass Eltern durch die Pandemie keine Nachteile beim Elterngeld- und Partnerschaftsbonusbezug haben, reichen der Länderkammer aber nicht aus. In einer zusätzlichen Entschließung fordert sie daher die Bundesregierung auf, die nur für 2020 geschaffene Möglichkeit der Verschiebung der Elternzeit systemrelevanter Eltern bis zum 31.12.2021 zu verlängern. 

Fristverlängerung für Insolvenzanträge

Der Bundesrat hat auch der weiteren Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30.04.2021 zugestimmt. Sie gilt für solche Unternehmen, die Leistungen aus den staatlichen Hilfsprogrammen zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie erwarten können. Voraussetzung ist grundsätzlich, dass die Anträge im Zeitraum vom 01.11.2020 bis zum 28.02.2021 gestellt sind. Ebenfalls verlängert hat der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates den Anfechtungsschutz für pandemiebedingte Stundungen: Die bis Ende März 2022 geleisteten Zahlungen auf Forderungen aufgrund von Stundungen, die bis zum 28.02.2021 gewährt worden sind, gelten damit als nicht gläubigerbenachteiligend. Voraussetzung ist, dass gegenüber dem Schuldner ein Insolvenzverfahren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Regelung noch nicht eröffnet worden ist.

Mehr Zeit für Steuererklärungen

Weiterer Corona-bedingter Aufschub: Die Frist zur Abgabe einer Steuererklärung durch Steuerberaterinnen und Steuerberater verschiebt sich um ein halbes Jahr: Für den Veranlagungszeitraum 2019 läuft die Frist bis Ende August 2021 statt wie sonst üblich bis Ende Februar. Parallel wird auch die Karenzzeit zur Verschonung von Verzugszinsen auf Steuerschulden um sechs Monate ausgeweitet. Hintergrund ist, dass die Steuerberaterinnen und Steuerberater derzeit mit der Beantragung der aktuellen Corona-Hilfsprogramme für Unternehmen stark ausgelastet sind.

Keine Zustimmung für Gesetz zur Bestandsdatenauskunft

Die vom Bundestag Ende Januar beschlossene Neuregelung der sogenannten Bestandsdatenauskunft hat im Bundesrat nicht die erforderliche Mehrheit von 35 Stimmen erhalten. Bundestag oder Bundesregierung können nun den Vermittlungsausschuss anrufen. Mit dem Gesetzesbeschluss wollte der Bundestag entsprechend dem Beschluss des Verfassungsgerichts nach dem Bild einer Doppeltür sowohl für die Übermittlung der Bestandsdaten durch die Telekommunikationsanbieter als auch für den Abruf dieser Daten durch die Behörden jeweils verhältnismäßige Rechtsgrundlagen schaffen. Übermittlungs- und Abrufregelungen sollten die Verwendungszwecke der Daten hinreichend begrenzen, indem sie insbesondere tatbestandliche Eingriffsschwellen und einen hinreichend gewichtigen Rechtsgüterschutz vorsehen.

Mehr Rechtssicherheit für Notfallsanitäter

Notfallsanitäter und -sanitäterinnen dürfen künftig auch schon vor Eintreffen eines Notarztes bzw. einer Notärztin am Unfallort eigenverantwortlich bestimmte lebenserhaltende Eingriffe an Patientinnen und Patienten vornehmen, wenn für diese Lebensgefahr besteht oder wesentliche Folgeschäden drohen. Durch das Gesetz erhalten sie mehr Rechtssicherheit in besonderen Einsatzsituationen.

Ausbildungsreform für medizinische Berufe

Die MTA-Reform soll dafür sorgen, dass medizinische Assistenzberufe attraktiver werden - unter anderem durch angemessene Vergütung der - erweiterten - praktischen Ausbildungszeiten und den Wegfall des Schulgelds. Neue technische, medizinische und wissenschaftliche Erkenntnisse werden in die Ausbildung integriert. Die Ausbildungsstätten müssen künftig gesetzlich vorgesehene Mindestanforderungen erfüllen. Die Mindestqualifikationen von Lehrkräften und Schulleitungen werden bundeseinheitlich festgelegt. Die vier Berufe in der Laboratoriumsanalytik, Radiologie, Funktionsdiagnostik und Veterinärmedizin bleiben bestehen. Die Berufsbezeichnung wird ersetzt durch "Medizinische Technologin" und "Medizinischer Technologe". Außerdem enthält das Gesetz einige Regelungen für Ärztinnen und Ärzte, die sich um die Corona-Schutzimpfungen kümmern - unter anderem sind entsprechende Vergütungen sozialversicherungsfrei.

Bundesrat fordert, die Ausbildungsfinanzierung zu sichern

In einer begleitenden Entschließung fordert der Bundesrat Bundestag und Bundesregierung zu einer Überarbeitung der MTA-Reform noch vor dem Jahr 2023 auf. Ziel müsse sein, die Finanzierung der Ausbildungen aller MT-Berufe hinsichtlich der Schulkosten, der Kosten der praktischen Ausbildung und der Ausbildungsvergütung zu sichern, auch wenn eine ambulante Einrichtung Trägerin der Ausbildung ist. Die Bundesregierung solle zudem prüfen, wie die Finanzierung staatlich anerkannter Helfer-/(Fach-) Assistenzausbildungen gesichert werden kann. Eine weitere Prüfbitte des Bundesrates bezieht sich auf die Befreiung der Sozialversicherungspflicht für den Einsatz von Impfärzten: diese sollte möglichst rückwirkend zum 01.12.2020 in Kraft treten, um auch Vorbereitungstätigkeiten abzudecken.

Grünes Licht für beschleunigten Ausbau von Stromleitungen

Das jetzt gebilligte Gesetz zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren für den Ausbau von Höchstspannungsstromleitungen nimmt unter anderem 35 neue Netzausbauvorhaben in verschiedenen Bundesländern in die Bedarfsplanung auf und ändert acht bisherige Projekte. Für diese stellt es gesetzlich die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und den vordringlichen Bedarf fest. Damit können Vorhaben schneller realisiert werden - unter anderem durch erst- und letztinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für Klagen gegen die behördlichen Genehmigungen. Ziel des Gesetzes ist es, länderübergreifende und grenzüberschreitende Planungen durch verschiedene Änderungen zu beschleunigen und Bürokratiehemmnisse abzubauen. Das Gesetz enthält zudem Regelungen für Ausschreibung und Förderung von Batteriespeicheranlagen - sie sollen unter anderem dem Aufbau von sogenannten Netzbooster-Pilotanlagen dienen.

Entschließungen des Bundesrates

Mit eigenen Entschließungen fordern die Länder eine bessere Alterssicherung für jüdische Kontingentflüchtlinge, ein Verbot überlanger Tiertransporte in weit entfernte Drittstaaten und mehr Transparenz bei Nahrungsergänzungsmitteln. 11 weitere Länderinitiativen wurden in "1. Lesung" vorgestellt und in die Fachausschüsse überwiesen.

Befassung mit Regierungsentwürfen

Ungewöhnlich hoch war die Anzahl der Regierungsentwürfe, mit denen sich der Bundesrat befasste, bevor der Bundestag sie berät: nicht weniger als 34 Gesetzentwürfe aus dem Bundeskabinett lagen zur Stellungnahme vor - die Länder machten davon auch umfangreich Gebrauch. Außerdem äußerten sie sich zu einem Dutzend Vorlagen aus Brüssel.

Redaktion beck-aktuell, 12. Februar 2021.