Die Bundesrechtsanwaltskammer bat am Montag die Länder um ihre Unterstützung. Präsident Ulrich Wessels forderte die Ministerien auf, "umgehend die erforderlichen Maßnahmen zu treffen", um die Sichtung und Beschlagnahme von Verteidigerkorrespondenz durch Staatsanwaltschaften zu verhindern.
Mit dem offenen Brief, mit dem sie auf eine "rechtsstaatlich höchst bedenkliche Entwicklung aufmerksam machen" will, reagiert die BRAK nach eigenen Angaben darauf, dass sich Berichte von Strafverteidigerinnen und Strafverteidigern über die Beschlagnahme von Verteidigerkorrespondenz "in jüngster Zeit häuften". Demnach nähmen verschiedene Staatsanwaltschaften digitale oder Papier-Korrespondenz zwischen Beschuldigten und Verteidigerinnen sowie Verteidigern mit, um diese gemäß § 110 StPO zu sichten – auch wenn die Korrespondenz klar und deutlich als Verteidigerkorrespondenz erkennbar sei.
Die Dachorganisation der regionalen Anwaltskammern hält sowohl die Anordnungen selbst als auch tatsächlich durchgeführte Sichtungen für rechtlich untragbar. Dieses Vorgehen der Staatsanwaltschaften, das nach Angaben der BRAK insbesondere Sachverhalte mit Bezug zu Cum-Ex-Fällen oder Sanktionsverstößen betrifft, verstoße "evident" gegen die Beschlagnahmefreiheit aus § 97 Abs. 1 Nr. 1 StPO und damit gegen ein zentrales Beschuldigtenrecht. Verteidigerkorrespondenz sei der Sichtung der Staatsanwaltschaft grundsätzlich entzogen und unterliege einem Beschlagnahmeverbot aus § 97 Abs. 1 StPO.