Berliner Mietendeckel: DAV hält Vorschläge des Senats für inhaltlich bedenklich

Der vom Berliner Senat geplante Mietendeckel sorgt bundesweit für Furore. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) geht davon aus, dass ein Bundesland eine solche Regelung prinzipiell einführen darf. Er hält die Vorschläge des Senats aber inhaltlich für bedenklich, wie er in einer schriftlichen Stellungnahme durchblicken ließ.

Eckpunkte des Berliner Mietendeckels

Der Berliner Senat hat seine Vorschläge zu einem sogenannten Mietendeckel am 18.06.2019 in einem Eckpunktepapier veröffentlicht. Demnach sollen die Mieten für einen Zeitraum von fünf Jahren nicht erhöht werden dürfen. Wird ein neuer Mietvertrag abgeschlossen, soll die Wiedervermietungsmiete auf die Höhe, die der Vormieterhaushalt bezahlt hat, begrenzt werden. Modernisierungsumlagen, die die Bruttowarmmiete monatlich um mehr als 50 Cent pro Quadratmeter in die Höhe treiben, sollen genehmigungspflichtig werden. Das Gesetz soll Anfang 2020 in Kraft treten. Der Berliner Mietendeckel ist für alle Wohnungen des freien Mietmarktes vorgesehen außer für Neubauten.

Kritik an Eingriff in bestehende Mietverträge

Kritisch sieht der DAV unter anderem, dass die geplanten Maßnahmen in bestehende Mietverträge eingreifen. Zudem hält er es für unzulässig, dass der Senat Regelungen zur Mieterhöhung nach Modernisierung erlassen will. "Die Vorschläge des Senats kollidieren mit den Regelungen zur Mietpreisbremse", sagt Rechtsanwalt Michael Drasdo, Vorsitzender des Gesetzgebungsausschusses Miet- und Wohnrecht im DAV. Es müsse sichergestellt sein, dass die beiden Maßnahmen ineinandergreifen.

Bedenken wegen Gesetzgebungskompetenz

Beim geplanten Mietendeckel handele es sich um eine sogenannte öffentlich-rechtliche Begrenzung der Mieten per Landesgesetz. Das sieht der Anwaltverein kritisch. Das Wohnungswesen sei in der Regel zwar auch Sache der Länder. Bei zivilrechtlichen Normen habe jedoch der Bund die Gesetzgebungskompetenz. Damit dürfe nur der Bundestag Gesetze im Zivilrecht verabschieden. Unter letzteres fielen alle mietrechtlichen Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch wie die Mieterhöhungen nach Modernisierung.

Mietwohnungsmarkt bedarf genauer Beobachtung

Nach Ansicht des Anwaltvereins ist es außerdem zweifelhaft, ob auch Mieten gedeckelt werden können, die laut Mietspiegel unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Zudem müsse der Senat genau prüfen, ob die Notsituation auf dem Wohnungsmarkt, von der er ausgeht, tatsächlich besteht, warnt Drasdo. Davon hänge es ab, ob der Eingriff in die bestehenden Gesetze mit der Verfassung vereinbar ist. "Die Aussage, dass eine Notsituation vorliegt, kann man nicht pauschal für eine ganze Stadt treffen – auch wenn das dem Gefühl vieler Mieter entspricht", fügt Drasdo hinzu. Man müsse sich den Mietwohnungsmarkt nach Bezirken, Stadtgebieten, Quartieren, gegebenenfalls sogar einzelne Straßen gesondert anschauen.

Deckelung bei Genossenschaften und für Versicherer problematisch

"Problematisch ist auch, dass alle Wohnungen des freien Mietmarktes unter den Mietendeckel fallen sollen", kritisiert der Rechtsanwalt weiter. Für Genossenschaftswohnungen passten die Regelungen beispielweise nicht. Die Nutzer der Wohnungen seien keine Mieter, sondern Mitglieder der Genossenschaft. Mit dieser verbandsrechtlichen Sonderstellung könnten sie über die Höhe der Nutzungsentgelte mitentscheiden. "Auch für Versicherer, die zur Deckung von Lebensversicherungen Immobilien errichten und vermieten, wäre ein Mietendeckel in dieser Form sehr schwierig", fügt Drasdo hinzu.

Redaktion beck-aktuell, 26. Juni 2019.

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