Beteiligung an Ermordung mehrerer Menschen
Neretse war demnach an der Ermordung mehrerer Menschen beteiligt. Der Mann war auch wegen des Mords an einer Belgierin, deren ruandischem Mann und der gemeinsamen Tochter angeklagt. Die Schwester der Belgierin hatte Strafantrag eingereicht. Neretse wurde am 19.12.2019 nach sechswöchiger Verhandlung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft forderte 30 Jahre Haft.
Massaker von 1994 betraf vor allem Tutsi-Minderheit
1994 hatten in Ruanda Vertreter der Hutu-Mehrheit etwa 800.000 Angehörige der Tutsi-Minderheit sowie gemäßigte Hutu getötet. Das Massaker wurde erst nach rund 100 Tagen beendet, als die im Exil von Tutsi gegründete Ruandische Patriotische Front (RPF) mit dem heutigen Präsidenten Paul Kagame an der Spitze aus Uganda einmarschierte.
Neretse weist Vorwürfe zurück
Die belgische Staatsanwaltschaft warf Neretse vor, am 09.04.1994 verraten zu haben, dass sich mehrere Tutsi im Nachbardorf aufhielten. Sie wurden später vom Militär ermordet. Der Verurteilte soll am Mord einer unbestimmten Zahl an Menschen beteiligt gewesen sein, wie Belga berichtete. 13 Tote seien identifiziert worden. In drei weiteren Fällen soll er an Mordversuchen beteiligt gewesen sein. Auch soll er mehrere Morde in Auftrag gegeben haben. Der Mann, der seit Jahren in Frankreich lebt, weist die Vorwürfe zurück.
"Meilenstein-Entscheidung"
Neretse ist der Erste, der von belgischen Gerichten der Völkermords in Ruanda schuldig gesprochen wurde. Belgien war nach dem Ersten Weltkrieg Mandatsmacht des ostafrikanischen Binnenstaats, der einst Teil der Kolonie Deutsch-Ostafrika war. Die ruandische Kommission für den Kampf gegen Genozid begrüßte das Urteil am 20.12.2019. Sie sprach von einem "Meilenstein-Entscheidung". Das Verfahren sei symbolisch für alle künftigen Prozesse.
Frühere Urteile in Frankreich und Deutschland gefällt
25 Jahre nach dem Völkermord in Ruanda leben viele Beteiligte noch immer frei in Deutschland und anderen Ländern. Immer wieder müssen sie sich vor Gerichten verantworten. Ein Pariser Gericht verurteilte 2016 etwa zwei frühere Bürgermeister wegen eines Massakers in einer Kirche zu lebenslanger Haft. In Deutschland gab es in den vergangenen Jahren ähnliche Urteile.