Erfolglose Eilanträge gegen Arbeitsschutzkontrollgesetz: BVerfG legt Begründung vor

Mit Beschluss vom 29.12.2020 hatte das Bundesverfassungsgericht mehrere Eilanträge gegen Teile des Arbeitsschutzkontrollgesetzes abgelehnt, das somit wie geplant zum 01.01.2021 in Kraft treten konnte. Nun hat das Gericht die Begründung seiner ablehnenden Entscheidung vorgelegt. Danach sind die Eilanträge zum Teil schon nicht zulässig und haben ansonsten in der Sache keinen Erfolg.

Anträge gegen Fremdpersonal- und Kooperationsverbot

Die Eilanträge richteten sich in der Sache insbesondere gegen das sogenannte Fremdpersonalverbot im Kernbereich der Fleischwirtschaft sowie das Kooperationsverbot. Nach den neuen Vorschriften ist es Unternehmen der Fleischwirtschaft ab dem 01.01.2021 verboten, die Schlachtung, Zerlegung und Fleischverarbeitung durch Selbstständige, also mithilfe der bisher in weitem Umfang eingesetzten Werkvertragsunternehmen, erledigen zu lassen. Diese Arbeiten dürfen nur noch durch eigenes Personal ausgeführt werden. Für die Führung eines Betriebes gilt vor Ort ein Kooperationsverbot.

Antragsteller aus der Fleischbranche

Die Antragstellenden sind Einzelpersonen und Unternehmen, die in Kernbereichen der Fleischwirtschaft tätig sind, auf die das Fremdpersonalverbot Anwendung findet, sowie familiengeführte mittelständische Unternehmen der Herstellung von Wurst, nicht der Schlachtung oder Zerlegung von Fleisch.

BVerfG: Lediglich veränderte arbeitsvertragliche Bedingungen

Nach Ansicht des BVerfG sind die Anträge teilweise schon nicht zulässig. Manche Antragsteller hätten nicht hinreichend konkret dargelegt, dass für sie die in einem verfassungsgerichtlichen Eilverfahren geforderten schweren Nachteile entstünden, wenn das Verfahren über die noch zu erhebenden Verfassungsbeschwerden abgewartet würde. Die angegriffene Regelung, die es der Fleischwirtschaft untersage, im Kernbereich Fremdpersonal einzusetzen, bewirke für Arbeitnehmer gerade kein "praktisches Verbot" einer Berufstätigkeit, sondern verändere lediglich die arbeitsvertraglichen Bedingungen, zu denen sie diese ausüben könnten.

Keine erheblichen Nachteile

Die Unternehmen der Fleischwirtschaft, die im Kernbereich der Produktion bislang in großem Umfang Fremdpersonal eingesetzt hätten, seien in ihrer beruflichen Tätigkeit zwar eingeschränkt, wenn sie für das Personal im Kernbereich andere Vertragsgestaltungen wählen müssten. Allerdings könnten sie bislang werkvertraglich oder in Leiharbeit eingesetztes Personal nunmehr selbst einstellen. Etwaige dadurch bestehende Belastungen genügten für sich genommen nicht, um die Dringlichkeit einer Eilentscheidung gegen ein Gesetz zu begründen.

In der Sache erfolglos

Die Anträge von Inhabern von Werkvertragsunternehmen und dieser Unternehmen selbst sowie von Leiharbeitsunternehmen, die bisher Aufträge im Kernbereich der Fleischwirtschaft erbracht haben, blieben jedenfalls in der Sache erfolglos, da die Interessen der Antragstellenden nicht eindeutig gegenüber den Zielen des Gesetzgebers überwögen. 

Folgenabwägung zulasten der Antragsteller

Bei einem Obsiegen der Antragsteller im Eilrechtsverfahren und späterem Unterliegen in der Hauptsache wäre im Kernbereich der Fleischwirtschaft weiter Fremdpersonal tätig. Dort, wo Werkvertragsunternehmen weiter eingesetzt würden, wäre die arbeitsschutzrechtliche Verantwortung vor Ort weiterhin aufgespalten. Der Gesetzgeber gehe nachvollziehbar davon aus, dass dies die Kontrollen durch die Arbeitsschutzbehörden erschwere. Das Nebeneinanderbeschäftigen von Werkverträgen und Leiharbeitskräften würde in der Praxis zu unübersichtlichen Verhältnissen und Verantwortlichkeitsdefiziten führen.

Arbeitsschutz wiegt schwerer

Andererseits würde den Werkvertragsunternehmen bei einem Unterliegen im Eilrechtsverfahren und späteren Obsiegen in der Hauptsache ihre Tätigkeit zwar sektoral beschränkt, jedoch nicht verboten. Dagegen hätten die Ziele des Gesetzgebers, für mehr Arbeitsschutz in der Fleischwirtschaft, für klare Verantwortlichkeiten vor Ort und für transparente Vertragsgestaltungen mit den Beschäftigten zu sorgen, mehr Gewicht.

Verletzung des Subsidiaritätsgrundsatzes

Die Eilanträge familiengeführter mittelständischer Unternehmen der Herstellung von Wurst mit jeweils eigener Produktionsstätte hätten ebenfalls keinen Erfolg. Ihre noch zu erhebenden Verfassungsbeschwerden wären im Übrigen von vornherein unzulässig, soweit sie sich gegen das Fremdpersonalverbot und das Kooperationsverbot in Anwendung auf von ihnen benannte Tätigkeiten wenden. Die Antragsteller hätten nicht die Möglichkeit genutzt, vor den Fachgerichten eine Feststellung zu erlangen, ob die angegriffenen gesetzlichen Verbote auf die von ihnen benannten Tätigkeiten und Vertragsgestaltungen überhaupt Anwendung finden und wie weit diese dann jeweils reichen.

BVerfG, Beschluss vom 29.12.2020 - 1 BvQ 152/20

Redaktion beck-aktuell, 8. Januar 2021.