Beck-Ver­lag be­nennt Werke mit Namen aus der NS-Zeit um
palandt_CR CHROMORANGE Udo Herrmann pa
© CHROMORANGE / Udo Herrmann / picture alliance
palandt_CR CHROMORANGE Udo Herrmann pa

Der Ver­lag C.H.BECK hat sich ent­schlos­sen, die Werke sei­nes Ver­lags­pro­gramms um­zu­be­nen­nen, auf denen als Her­aus­ge­ber oder Au­to­ren noch Namen von Ju­ris­ten ge­nannt sind, die wäh­rend der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Dik­ta­tur eine ak­ti­ve Rolle ein­ge­nom­men haben. Die Werke des Ver­la­ges wer­den dar­auf­hin über­prüft. Schon mit der nächs­ten Auf­la­ge wird etwa der Pa­landt einen neuen Namen tra­gen. 

Pa­landt und Schön­fel­der ver­schwin­den

Der be­kann­te Kurz­kom­men­tar zum Bür­ger­li­chen Ge­setz­buch, der bis­her den Namen Otto Pa­landts trägt, wird be­reits auf der nächs­ten, im No­vem­ber 2021 er­schei­nen­den Auf­la­ge auf dem Um­schlag den Namen des ak­tu­el­len Ko­or­di­na­tors der Au­to­rin­nen und Au­to­ren, des Rich­ters am Bun­des­ge­richts­hof Chris­ti­an Grü­ne­berg, füh­ren. Auch der Lo­se­blatt­kom­men­tar zum Grund­ge­setz von Maunz/Dürig wird sich an­pas­sen und künf­tig Dürig/Her­zog/Scholz hei­ßen. Die Ge­set­zes­samm­lung Schön­fel­der wird künf­tig von dem Vor­sit­zen­den der Stän­di­gen De­pu­ta­ti­on des Deut­schen Ju­ris­ten­ta­ges Ma­thi­as Ha­ber­sack her­aus­ge­ge­ben. Und der Kom­men­tar von Blü­mich zu EStG, KStG, GewStG er­hält den Namen der Her­aus­ge­ber Peter Bran­dis und Bernd Heu­er­mann.

Ver­lag will Zei­chen gegen zu­neh­men­den An­ti­se­mi­tis­mus set­zen

"Ge­schich­te kann man nicht un­ge­sche­hen ma­chen. Des­halb haben wir zu­nächst die his­to­ri­schen Namen bei­be­hal­ten", sagt Ver­le­ger Hans Die­ter Beck. "So soll­te der Name Pa­landt bis­lang als Er­in­ne­rung an das dun­kels­te Ka­pi­tel deut­scher Rechts­ge­schich­te sicht­bar blei­ben. Ein Denk­mal soll­te ihm damit nicht ge­setzt wer­den. Auf die Pro­ble­ma­tik haben wir im Vor­wort des Wer­kes aus­drück­lich hin­ge­wie­sen. Um Miss­ver­ständ­nis­se aus­zu­schlie­ßen, haben wir uns nun dazu ent­schlos­sen, Werke mit Na­mens­ge­bern, die in der NS-Zeit eine ak­ti­ve Rolle ge­spielt haben, um­zu­be­nen­nen." Diese Ent­schei­dung sei so auch mit den Au­to­rin­nen und Au­to­ren des Ver­la­ges ab­ge­stimmt wor­den. "In Zei­ten zu­neh­men­den An­ti­se­mi­tis­mus ist es mir ein An­lie­gen, durch un­se­re Maß­nah­men ein Zei­chen zu set­zen", so Beck wei­ter. Die Um­be­nen­nun­gen nimmt der Ver­lag je­weils mit dem Er­schei­nen von Neu­auf­la­gen oder Er­gän­zungs­lie­fe­run­gen vor.

Stu­die über Pa­landt und Schön­fel­der in Ar­beit

Der baye­ri­sche Jus­tiz­mi­nis­ter Georg Ei­sen­reich, der An­ti­se­mi­tis­mus­be­auf­trag­te der Baye­ri­schen Staats­re­gie­rung Lud­wig Spa­en­le und der Ver­lag C.H. Beck hat­ten sich hier­zu in den ver­gan­ge­nen Mo­na­ten be­reits aus­ge­tauscht. Ei­sen­reich hatte im Früh­jahr die­ses Jah­res eine Stu­die über Otto Pa­landt (Prä­si­dent des Reichs­jus­tiz­prü­fungs­amts) und Hein­rich Schön­fel­der (Kriegs­ge­richts­rat bei ver­schie­de­nen deut­schen Kriegs­ge­rich­ten in Ita­li­en) bei dem re­nom­mier­ten In­sti­tut für Zeit­ge­schich­te unter der Lei­tung von Pro­fes­sor An­dre­as Wir­sching in Auf­trag ge­ge­ben. Die Un­ter­su­chung er­streckt sich nicht auf Theo­dor Maunz, Be­grün­der des Grund­ge­setz­kom­men­tars Maunz/Dürig. Seine ak­ti­ve Rolle in der NS-Zeit wurde be­reits zuvor wis­sen­schaft­lich auf­ge­ar­bei­tet.

Ei­sen­reich weist auf be­son­de­re Ver­ant­wor­tung von Ju­ris­ten hin

Der Mi­nis­ter: "Das ist eine be­deut­sa­me Ent­schei­dung. Die Um­be­nen­nung ist not­wen­dig: Na­mens­ge­ber für Ge­set­zes­samm­lun­gen und Kom­men­ta­re müs­sen in­te­gre Per­sön­lich­kei­ten sein. Keine Na­tio­nal­so­zia­lis­ten." Die bei­den Na­mens­ge­ber Otto Pa­landt und Hein­rich Schön­fel­der waren in der Zeit des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus Her­aus­ge­ber der bei­den Stan­dard­wer­ke. Dies wurde in der Öf­fent­lich­keit schon seit län­ge­rem kri­tisch dis­ku­tiert. Ei­sen­reich wei­ter: "Wir tra­gen in Deutsch­land eine be­son­de­re his­to­ri­sche Ver­ant­wor­tung. An­ti­se­mi­tis­mus und Rechts­ex­tre­mis­mus haben in un­se­rer Ge­sell­schaft kei­nen Platz. Ich halte es daher für un­er­läss­lich, dass das his­to­ri­sche Be­wusst­sein für das na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Un­recht in allen Be­rei­chen ge­schärft wird. Der NS-Un­rechts­staat und die men­schen­ver­ach­ten­den Ver­bre­chen waren auch des­halb mög­lich, weil sich nicht we­ni­ge Ju­ris­ten, die ei­gent­lich Recht und Ge­setz ver­pflich­tet waren, in den Dienst des Re­gimes ge­stellt haben. Wir müs­sen aus dem dun­kels­ten Ka­pi­tel un­se­rer Ver­gan­gen­heit und dem bei­spiel­lo­sen Zi­vi­li­sa­ti­ons­bruch ler­nen und uns mit den gra­vie­ren­den Fol­gen eines von rechts­staat­li­chen und ethi­schen Maß­stä­ben los­ge­lös­ten ju­ris­ti­schen Han­delns aus­ein­an­der­set­zen."

Redaktion beck-aktuell, 27. Juli 2021.