Zweckentfremdung von Wohnraum: München kann Anforderungen an Ersatzwohnraum nicht durchsetzen

Wer Wohnraum in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt zweckentfremdet, kann dies tun, wenn er Ersatzwohnraum bereitstellt. Die Stadt München meint, ein solcher müsse eine vergleichbare Miethöhe aufweisen – und hatte das mit einer Popularklage durchsetzen wollen. Diese hat der BayVerfGH als unzulässig abgewiesen.

Die Stadt hatte Ende 2017 auf Grundlage des Zweckentfremdungsgesetzes (ZwEWG) eine Satzung erlassen. Darin hatte sie die Voraussetzungen festgelegt, die ein Angebot zur Errichtung von Ersatzwohnraum erfüllen sollte , damit sie die Zweckentfremdung genehmigen kann: Vermieteter Wohnraum sollte nur durch anderen, hinsichtlich der Miethöhe vergleichbaren Mietwohnraum ersetzt werden dürfen. Die Miethöhe sollte sich dabei an der ortsüblichen Vergleichsmiete nach dem jeweils gültigen Mietspiegel für München orientieren.

Diese Regelung der Münchner Satzung erklärte der Verwaltungsgerichtshof München in einem Normenkontrollverfahren wegen Verstoßes gegen die Vorgaben des ZwEWG für unwirksam. Allein die subjektive Vorstellung der Münchner Entscheidungsträger, die herrschende Marktsituation erfordere etwa auch eine Mietpreisregelung, könne - ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung durch den Landesgesetzgeber - die gerügten Regeln der Satzung nicht tragen. Die Stadt München zog vor den Bayrischen Verfassungsgerichtshof.

BayVerfGH erkennt keine rügefähige Rechtsverletzung

Der BayVerfGH hat die Popularklage als unzulässig abgewiesen, da die Stadt keinen möglichen Grundrechtsverstoß dargelegt habe. Der angeführte Anspruch auf eine angemessene Wohnung gewährleiste kein subjektives Recht und auch mit dem Vortrag, die Sozialbindung des Eigentums sei missachtet worden, rüge die Stadt kein Grundrecht oder grundrechtsgleiches Recht als verletzt.

Auch eine Verletzung der Selbstverwaltungsgarantie, die die Stadt im Popularklageverfahren geltend machen dürfe, habe sie nicht substantiiert dargelegt, so die Richterinnen und Richter. Die Stadt München übersehe, dass ihr durch das 2009 in Kraft getretene ZwEWG keine Rechte entzogen worden seien. Vielmehr seien Gemeinden mit Wohnraummangel mit der Ermächtigung, Zweckentfremdungssatzungen zu erlassen, überhaupt erst Handlungsoptionen eingeräumt worden, um ihr Gesamtwohnraumangebot zu erhalten.

Auch mit ihrem Hilfsantrag, die Vorschrift "hinsichtlich der unterlassenen Regelung zur Konkretisierung des Ersatzwohnraums" für verfassungswidrig zu erklären, kam die Stadt nicht weiter. Das Gericht sah bei dem gerügten Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip objektives Verfassungsrecht betroffen. Auf dessen Verletzung allein aber könne die Stadt eine Popularklage nicht stützen könne.

Redaktion beck-aktuell, bw, 11. September 2023.