Zu "gleichgültig": Notar wegen vielfacher Dienstvergehen versetzt

Ein langjähriger Notar nahm es bei seinen – nach eigener Diktion – "Allerweltsgeschäften" mit der notariellen Gründlichkeit nicht immer so genau. Unter anderem beurkundete er Verträge, mit denen Verbraucher über den Tisch gezogen wurden. Das BayObLG hat ihn nun an seine Pflichten erinnert: es versetzte ihn.

Notarinnen und Notare treffen weitaus tiefer gehende Pflichten, als schlicht ihre Unterschriften unter vorgeschriebene Verträge zu setzen. Das zeigt auch der Fall eines bayerischen Notars, der in insgesamt 27 Fällen seine Dienstpflichten verletzt hatte. Obwohl er sich nicht einsichtig zeigte, kam das BayObLG zu dem Ergebnis, dass er nicht aus dem Amt enthoben, sondern lediglich gemäß der BNotO "vom bisherigen Amtssitz entfernt" wird (Urteil vom 15.04.2025 – 501 DSNot 4/22).

Hintergrund der Disziplinarklage waren eine Reihe von Vorfällen, in denen der Notar seinen gesetzlichen Pflichten nicht nachgekommen war.

Unredliche Verträge

In acht Fällen zwischen 2006 und 2008 habe er etwa Verträge beurkundet, die erkennbar unredliche Zwecke verfolgt hätten, so der Senat für Notarsachen. Dabei habe sich ihm ein Immobilienhändler vorgestellt, der günstig eingekaufte Eigentumswohnungen zu stark überhöhten Preisen an Verbraucherinnen und Verbraucher weiterverkauft habe. Teilweise ergab sich dabei eine Differenz von 190% des Anschaffungspreises.

Dabei sei deutlich gewesen, dass eine gewisse Unerfahrenheit der Käuferinnen und Käufer ausgenutzt werden sollte. Der Notar behauptete zwar, für solche "Allerweltsgeschäfte" eine ordnungsgemäß erstellte Urkunde, nicht jedoch eine "seelsorgerische Betreuung" zu schulden. Das Gericht sah in dieser Gleichgültigkeit jedoch einen Verstoß gegen seine gesetzlichen Pflichten. § 14 Abs. 2 BNotO verpflichte ihn gerade dazu, solche Verträge im Vorfeld näher zu prüfen und gegebenenfalls seine Mitwirkung an erkennbar unerlaubten bzw. unredlichen Verträgen zu verweigern. Hier sei offensichtlich gewesen, dass die betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher in erhöhtem Maße beratungsbedürftig gewesen seien. Einer von ihnen habe eigentlich ein Fahrzeug kaufen wollen, der Verkäufer habe ihm jedoch eine Wohnung angeboten und behauptet, er könne diese kurz darauf wieder verkaufen, um sich von dem Gewinn das Fahrzeug anzuschaffen. Andere wiederum hätten sich finanziell gravierend übernommen und müssten teilweise bis heute ausgleichende Kredite "abstottern".

Ferner habe er entgegen dem BeurkG sowie seiner notariellen Pflicht zu amtsgemäßem Verhalten (§ 14 Abs. 3 BNotO) Kaufverträge in Angebot und Annahme aufgespalten. Eine solche systematische Aufspaltung sei, so der Senat, grundsätzlich unzulässig, da sie den Schutzzweck der notariellen Beurkundung untergrabe.

Versteckte Klauseln und undurchsichtige Vertretung

Weiterhin hatte der Notar Verträge beurkundet, in denen kaufende Verbraucher von den Eltern der Immobilienhändlerinnen vertreten wurden. Das sei ein Verstoß gegen § 17 Abs. 2a BeurkG, laut dem Notare darauf hinwirken sollen, dass Erklärungen von Verbrauchern von diesen persönlich oder von Vertrauenspersonen abgegeben werden. Das Gericht stellte klar, dass diese Norm zwar als "Sollvorschrift" formuliert sei, allerdings dennoch eine unbedingte Amtspflicht von Notarinnen und Notaren darstelle. Der Notar habe sich zwar grundsätzlich auf die Angaben der Verbraucher verlassen dürfen, jedoch nur so lange die tatsächliche Lagerzugehörigkeit der (vermeintlichen) Vertrauenspersonen nicht konkret erkennbar sei. Hier habe er näher prüfen müssen, was er bedingt vorsätzlich unterlassen habe.

Konsequenzen

Der Senat musste abwägen, welche Disziplinarmaßnahme für diese Verstöße verhältnismäßig ist. Eine ausgeprägte Gleichgültigkeit – wie sie der Notar hier an den Tag gelegt habe – offenbare einen schwerwiegenden Mangel an Verantwortung, der eigentlich eine Entfernung aus dem Amt nach sich ziehen müsste. Zudem hätten einige unzureichend beratene Beteiligte erhebliche finanzielle Schäden erlitten. Dennoch kam das Gericht unter Gesamtwürdigung aller Umstände zu dem Ergebnis, dass eine mildere Maßnahme angebracht sei.

Zugunsten des Notars verwies es darauf, dass die Vorfälle lange zurücklägen und der Notar angegeben habe, heutzutage nicht mehr so zu verfahren. Zwar habe er auch seitdem nicht immer beanstandungsfrei gehandelt, vergleichbare Pflichtverletzungen seien aber immerhin ausgeblieben. Außerdem sei er disziplinarisch bisher nicht vorbelastet und habe überdies bereitwillig an der Aufklärung mitgewirkt; wenngleich er sich in diesem Kontext nicht einsichtig gezeigt habe.

Im Ergebnis sei daher eine Maßnahme angebracht, die zwischen einer Geldstrafe und einer Amtsenthebung liege. Das sei "angesichts der zutage getretenen Persönlichkeit" des Notars notwendig und erforderlich. Der Senat urteilte daher eine Entfernung aus dem Amtssitz nach § 97 Abs. 2 S. 1 BNotO an. Damit ist an seinem bisherigen Standort nun ein Nachfolger zu finden, während der Notar selbst an einen anderen Standort zu versetzen ist. 

BayObLG, Urteil vom 15.04.2025 - 501 DSNot 4/22

Redaktion beck-aktuell, tbh, 6. August 2025.

Mehr zum Thema