Der Ukraine-Krieg und die Folgen hier in Deutschland beschäftigen die Rechtsprechung schon seit einigen Monaten, insbesondere im Kontext strafbarer Äußerungen im Internet und auf Demonstrationen. Nun hat das BayObLG die Grenzen für eine Verurteilung enger gezogen (Beschluss v. 26.01.2024 – 206 StRR 362/23).
Die beschuldigte Frau hatte im Frühjahr 2022, kurz nach Beginn des Kriegs in der Ukraine, öffentlich auf Facebook "Bravo Putin" gepostet und diesen Beitrag dann mit den Worten kommentiert: "(…) Krieg ist schrecklich, aber ohne dieser Krieg die Killerviren von Biolaboren und Ukrainien hätten schon 2 Kontinenten getötet. (…)".
Einige Wochen später postete sie - wiederum öffentlich auf Facebook einsehbar - ein Bild des russischen Präsidenten Putin und darunter den Buchstaben "Z", stilisiert in Form des orange-schwarzen St.-Georgs-Bandes - ein militärisches Abzeichen der ehemals sowjetischen Streitkräfte - auf einer Flagge der russischen Föderation. In der Collage fanden sich neben weiteren Zeichen des russischen Staates auf einer in den weiß-blau-roten Nationalfarben gehaltenen Karte des russischen Staatsgebiets Soldaten mit einer Fahne der russischen Föderation, die in Richtung Westen marschierten.
Bloß "Argumente für und wider den Krieg" erklärt?
Hierfür war die Frau vom AG München wegen Billigung von Straftaten zu einer Geldstrafe von 110 Tagessätzen zu je 45 Euro verurteilt worden. Auf ihre Berufung setzte das LG lediglich die Tagessatzhöhe auf 15 Euro herab. Ihre Revision hatte nun aber Erfolg: Das BayObLG hob das Urteil auf und sprach die Frau frei, da man davon ausging, dass auch weitere Feststellungen zur Sache aus dem Sachverhalt keine Straftat mehr machen würden.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen die Gerichte vor dem Hintergrund der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit bei Äußerungsdelikten immer auch andere Interpretationsweisen prüfen. Sofern eine Aussage auch plausibel anders - in einer nicht strafbaren Weise - verstanden werden kann, muss dieses Verständnis zugrunde gelegt werden.
So verfuhr hier der Senat, der zu der Schlussfolgerung kam, dass die Facebook-Posts nicht notwendigerweise eine "Billigung" des russischen Angriffskrieges im Sinn des § 140 Nr. 2 StGB darstellten. Vielmehr bewertete man die Äußerungen als lediglich deskriptiv interpretierbar. So habe die Verurteilte den Krieg zunächst auch als "schrecklich" bezeichnet und im Weiteren "alternative Entwicklungen" benannt, die aus ihrer Sicht ohne diesen eingetreten wären. Damit, so das vom Senat für möglich erachtete Verständnis des Wortlauts, stellte sie letztlich bloß "Argumente für und wider den Krieg einander gegenüber". Eine Äußerung sei aber nur dann ein tatbestandsmäßiges Billigen, wenn die Zustimmung zur Tat so im Vordergrund stehe, dass sie eindeutig als Gutheißen zu bewerten sei. Zur Absurdität der dargestellten "alternativen Entwicklungen" bemerkte der Senat lediglich, auf deren Plausibilität komme es nicht an.
Stilisiertes "Z" muss keine russische Kriegspropaganda sein
Auch die Collage vermochte das Gericht nicht mit hinreichender Sicherheit als Kriegsbilligung zu bewerten. Zwar ging das Bayerische Oberste davon aus, dass schon damals - zwei Monate nach Beginn des Krieges - das "Z" als Teil der russischen Kriegspropaganda bekannt war, hielt es aber auch hier für möglich, dass das Bild lediglich beschreibenden Charakter habe.
Hierfür führte der Senat zum einen die wenig prominente Positionierung des "Z" im Bild an, außerdem sei dieses stilisiert in Form und Farbe des St.-Georgs-Bandes gehalten, was einen Unterschied zu den weißen "Z" auf russischen Panzern in der Ukraine bedeute. Damit sei es "möglich, bzw. sogar naheliegend", dass es sich um eine rein beschreibende Darstellung handele, die zwar Assoziationen zum Krieg wecke, aber für den verständigen Durchschnittsbetrachter nicht unbedingt eine Billigung, Gutheißung oder Rechtfertigung beinhalte. Auf die mögliche innere Gesinnung der betreffenden Person komme es nicht an.
Die Verwendung des "Z" als Teil der russischen Kriegspropaganda ist in der Rechtsprechung bislang unterschiedlich bewertet worden. Zum Teil gingen Gerichte davon aus, dass schon, wer das "Z" an der Heckscheibe seines Fahrzeugs befestigt, den Tatbestand des § 140 Nr. 2 StGB erfülle. Andere Gerichte lehnten eine solche Interpretation - wie hier - unter Verweis auf andere Deutungsmöglichkeiten ab.