Ein betrunkener Mann fuhr mit seinem Fahrrad auf einer Dorfstraße und baute einen Alleinunfall. Die Polizei kam und ließ ihn einen Atemalkoholtest machen, der positiv war. Er musste deshalb mit zum Arzt fahren, um sich eine Blutprobe entnehmen zu lassen. Dort angekommen, standen zwei Polizisten mit ihm im Arztzimmer, als der Arzt ihn fragte, was er denn konsumiert habe? Daraufhin antwortete er: "Das werde ich Ihnen sagen, sobald die Affenbande das Zimmer verlassen hat." Er wurde wegen Trunkenheit im Verkehr und Beleidigung zu 180 Tagessätzen zu je 50 Euro verurteilt.
Während seiner Berufungsverhandlung vor dem Landgericht stand der Radfahrer plötzlich vor dem Problem, dass das LG – ohne ihn vorher zu benachrichtigen – zwei Zeugen nachgeladen hatte. Diese waren weder von der Polizei noch vom Amtsgericht gehört worden. Die Verteidigung beantragte deshalb die Aussetzung, hilfsweise die Unterbrechung der Verhandlung. Die Vorsitzende lehnte ab. Das LG verwarf die Berufung als unbegründet. Auch die Revision war nicht erfolgreich.
Entgegen der Generalsstaatsanwaltschaft verneinte das BayObLG (Beschluss vom 04.10.2024 – 205 StRR 323/24) allerdings die Notwendigkeit, die Ablehnung der Aussetzung der Verhandlung förmlich nach § 238 StPO zu beanstanden. Über die Aussetzung oder Unterbrechung müsse gemäß § 265 Abs. 4 StPO sowieso der gesamte Spruchkörper entscheiden. In solchen Fällen sei der Anwendungsbereich der Beanstandungsnorm gar nicht eröffnet. Somit war die Verfahrensrüge zulässig und – durch die Entscheidung durch die Vorsitzende allein – im Prinzip auch begründet.
Aber das Urteil beruht nach den Münchener Richterinnen und Richtern nicht auf diesem Fehler: Die Vernehmung der nachgeladenen Zeugen habe nichts zur Sache beitragen können, weil der eine sich nicht mehr habe erinnern können und der andere nur die Aussage des Angeklagten bestätigt habe. Demnach beruhte die Verurteilung auf dem glaubhaften Geständnis des Radfahrers.
Geistig minderbemittelte Wesen, die Straftaten begehen
Auch seine Sachrüge hinsichtlich der Beleidigung war erfolglos: Zwei Polizeibeamte als "Affenbande" zu bezeichnen, erfülle unproblematisch den Tatbestand der Beleidigung nach § 185 StGB. Es handele sich hier um eine Formalbeleidigung, bei der schon allein der Wortlaut kontextunabhängig im Bereich gesellschaftlich absolut missbilligter und tabuisierter Begrifflichkeiten liege. Das BayObLG führte das näher aus: Mit einer Bande bezeichne man eine Gruppe, die sich zur Begehung von Straftaten zusammenschließe. Und mit Affen wolle der Sprecher zum Ausdruck bringen, dass es sich bei den Polizisten um besonders dumme, tierähnlich intellektuell beschränkte Wesen der Gattung Mensch handele. Er habe die Polizisten als "geistig minderbemittelte Wesen bezeichnet", die gemeinsam Straftaten begehen.
Auch Formalbeleidigungen schließen nach Ansicht der Münchner Richterinnen und Richter die Abwägung der Persönlichkeitsrechte mit der Meinungsfreiheit nicht aus. Hier stelle sich der Fall aber so dar, dass der Radfahrer eben keine Machtkritik habe üben wollen. Dafür habe es zum einen keinen Grund gegeben, und er habe sich auch gegenüber dem Arzt so geäußert – nicht gegenüber den Beamten.