Zwar können unvorhergesehene personelle Engpässe es im Einzelfall rechtfertigen, dass die Bewegungsfreiheit von Sicherungsverwahrten eingeschränkt wird, wenn das nötig ist, um die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt aufrecht zu erhalten. Diese Engpässe dürften jedoch nicht auf mangelhafter Personalplanung beruhen, so das BayObLG (Beschluss vom 28.04.2025 – 204 StObWs 124/25). Damit das Argument der Personalnot zieht, müsste diese unvorhersehbar sein.
JVA argumentierte mit Pensionierungswelle
Laut Hausordnung sollten die Sicherungsverwahrten einer bayerischen JVA um Punkt sechs Uhr morgens aus ihren Zellen kommen und sich bis zum Einschluss auf dem Gelände frei bewegen dürfen. Doch die Anstaltsleitung hatte verfügt, dass an Wochenenden, Feiertagen und auch an arbeitsfreien Werktagen der Aufschluss erst zwei Stunden später erfolgen sollte. Als Grund nannte die Behörde später personelle Engpässe, insbesondere durch verstärkte Pensionierungen, Elternzeit und langfristig erkrankte Mitarbeitende.
Dagegen wehrte sich ein Sicherungsverwahrter zunächst erfolglos bei der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des LG Regensburg. Er wollte eine gerichtliche Überprüfung der Verfügung gemäß §§ 109 ff. StVollzG erreichen. Danach kann das Gericht über eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auch auf dem Gebiet der Sicherungsverwahrung entscheiden. Doch die Kammer lehnte ab: Der Antrag sei mangels subjektiver Betroffenheit des Mannes nicht zulässig.
BayObLG: Bewegungsfreiheit wesentlicher Bestandteil der Sicherungsverwahrung
Die Rechtsbeschwerde des Mannes war dagegen erfolgreich. Das BayObLG stellte zunächst klar, dass die Verfügung als "Maßnahme" im Sinne der Norm durchaus gerichtlich überprüfbar sei. Auch Allgemeinverfügungen, wie Regelungen zu Einschlusszeiten, könnten solche Maßnahmen sein, deren Überprüfung – weil sie Rechtswirkung für jeden Gefangenen entfalteten – auch zulässigerweise von jedem Gefangenen beantragt werden könnten.
Inhaltlich befasste sich das Gericht mit der Frage, ob die Verfügung nach Art. 15 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 Alt. 2 BaySvVollzG rechtmäßig, sie also zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung notwendig war. Denn die Bewegungsfreiheit der Sicherungsverwahrten, so das Gericht, sei ein wesentlicher Bestandteil ihres freiheitsorientierten Gesamtkonzepts; sie dürfe nur unter engen Voraussetzungen eingeschränkt werden. Hier machte das BayObLG klar, dass das Argument "Personalmangel" nur bedingt zähle. Grundsätzlich müsse sichergestellt sein, dass ausreichende Personalkapazitäten zur Verfügung stünden, um die Anforderungen dieses Gesamtkonzepts praktisch zu erfüllen.
Pensionierungswelle war nicht unvorhersehbar
Dass im Einzelfall unvorhergesehene Probleme mit Dienstplänen auftreten können, sah das Gericht ein. Für solche Fälle gebe es die Möglichkeit, gestützt auf Art. 15 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 Alt. 2 BaySvVollzG die Bewegungsfreiheit einzuschränken. Das sei hier aber gerade nicht der Fall.
"Sowohl Pensionierungen als auch eine Elternzeit sind keine Umstände, die plötzlich auftreten, sondern mit zeitlichem Vorlauf bekannt sind", stellte das Gericht klar. Wenn es zu wenig Personal gebe, liege das an der unzureichenden Planung der JVA. Diese könne einen Eingriff in das Recht auf Bewegungsfreiheit der Sicherungsverwahrten nicht rechtfertigen.