Routinemäßiger Einsatz rechtswidrig
Schon im Gesetzgebungsverfahren sei die im Juli 2017 mit § 15a AsylG eingeführte Befugnis, Datenträger von Asylsuchenden auszuwerten, soweit dies für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit erforderlich ist, auf verfassungsrechtliche Bedenken gestoßen, führt die NRV aus. Smartphones seien für die Teilhabe am sozialen, beruflichen und Intimleben elementar. Die hier gespeicherten Informationen gehörten zu den denkbar sensibelsten Daten, die – in Summe – das alltägliche Leben praktisch vollständig digital abbilden könnten. Deswegen verbiete sich ein routinemäßiger Einsatz, so die Richtervereinigung unter Verweis auf die Grundrechte auf Privatleben sowie den Datenschutz.
NRV zieht Parallele zu Vorratsdatenspeicherung
Dennoch hätten Recherchen ergeben, dass das Verfahren jährlich zehntausendfach angewandt und zur Standardmaßnahme degradiert wird. Hinzu komme, dass laut der Gesellschaft für Freiheitsrechte nur etwa 30% der durchgeführten Datenauswertungen überhaupt im Asylverfahren zu Rate gezogen würden. Stehe beim Auslesen der Daten aber noch nicht fest, ob sie später auch genutzt werden, komme dies einer Vorratsdatenspeicherung gleich, meint die NRV.
Überprüfung des Verfahrens gefordert
Die NRV fordert daher eine Überprüfung des Verfahrens, seiner Rechtsgrundlagen und praktischen Handhabung. Eine Anfrage der Fachgruppe an den Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, der die Datenträgerauswertung überprüft, sei Anfang Februar 2020 noch ohne Ergebnis geblieben, weil die Prüfung noch andauere. Einer ersten gerichtlichen Erörterung könnte die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung jetzt anlässlich dreier vor den Verwaltungsgerichten Hannover, Berlin und Stuttgart eingeleiteter Klageverfahren unterzogen werden.