Forschungsprojekt über Integrationskurse: Mehrzahl der Flüchtlinge erfolgreich

Das Bundesinnenministerium und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) haben am 17.09.2019 einen Zwischenbericht über das Forschungsprojekt zur Evaluation der Integrationskurse vorgestellt. Die ersten Ergebnisse der von 2018 bis 2022 angelegten Studie belegen die Wirksamkeit der Kurse auch bei der Gruppe der Geflüchteten.

Integrationskurs vermittelt sprachliche und politische Bildung für Zugewanderte

Integrationskurse sind ein staatliches Grundangebot der sprachlichen und politischen Bildung für Zugewanderte und stehen am Beginn des gesamten Integrationsprozesses. Sie dienen dazu, die Zugewanderten dazu zu befähigen, ohne die Hilfe oder Vermittlung Dritter in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens selbstständig zu handeln. Das BAMF passt das Angebot kontinuierlich an die veränderten Bedarfe der Teilnehmenden an.

Mehr Alphabetisierungskurse

Mit der veränderten Teilnehmerstruktur habe sich insbesondere der Anteil an Alphabetisierungskursen seit 2015 erheblich erhöht, berichtet das Ministerium über erste Erkenntnisse des Forschungsprojekts. Im Jahr 2018 hätten mehr als 200.000 Menschen erstmalig einen der rund 14.500 neu gestarteten Integrationskurse besucht – der Großteil davon einen Allgemeinen Integrationskurs (68,3%). Bereits auf Platz 2 gemessen an der Teilnehmerzahl folge der Alphabetisierungskurs (22,2%). Aus der Gruppe der Geflüchteten schätzten nach Abschluss eines Kurses 61% ihre Deutschkenntnisse als gut oder sehr gut ein. Ohne Kursteilnahme seien es lediglich 17%. Gleichzeitig zeigten sich vielschichtige Herausforderungen in Alphabetisierungskursen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zufolge tragen die Integrationskurse wesentlich dazu bei, die Deutschkenntnisse der Teilnehmenden zu verbessern.

Flüchtlinge haben es deutlich schwerer als andere Zuwanderer

Geflüchtete, so berichtet das BAMF weiter, hätten es deutlich schwerer als andere Teilnehmende, etwa Zugewanderte aus der Europäischen Union, da sie oft schlechtere Voraussetzungen bei Bildungsniveau und Alphabetisierungsgrad mitbrächten. Hinzu kämen häufig fluchtspezifische Probleme wie etwa posttraumatische Belastungsstörungen. In den Alphabetisierungskursen könnten auf diese Weise bei den Teilnehmenden gleich mehrere Problemlagen auftreten. Der Bund hat hierauf bereits mit der Pilotierung von sozialer Begleitung im Integrationskurs, mit Lehrkräftefortbildungen im Bereich Trauma und mit Anreizen für die Durchführung von Alphabetisierungskursen reagiert.

BAMF-Forscherin: Ausmaß der Geschlechterunterschiede erstaunlich

 “Bei Teilnehmenden des Alphabetisierungskurses kommen häufig mehrere ungünstige Faktoren zusammen“, so BAMF-Forscherin Anna Tissot. “Obwohl wir schon wussten, dass geflüchtete Frauen über nachteilige Voraussetzungen verfügen, war das Ausmaß der Geschlechterunterschiede erstaunlich.“ So brächten geflüchtete Frauen im Durchschnitt ein niedrigeres schulisches und berufliches Bildungsniveau mit. Sie hätten zudem ein höheres Risiko, an einer posttraumatischen Belastungsstörung zu erkranken. Darüber hinaus nähmen Frauen seltener an Kursen teil, wenn sie Kleinkinder betreuen müssten. Dieses Ergebnis bestätige die Bedeutung der ergänzenden Förderung einer Kinderbeaufsichtigung, die das BAMF wiedereingeführt hat. Beim Deutscherwerb wirkten bei Geflüchteten die gleichen Mechanismen wie bei anderen Teilnehmenden. Je jünger und gebildeter die Teilnehmenden seien, desto schneller lernten sie die deutsche Sprache.

Lehrkräfte spielen zentrale Rolle beim Spracherwerb 

Die Deutschkenntnisse würden auch mit zunehmender Aufenthaltsdauer und zunehmenden Kontakten zu Deutschen besser. Eine zentrale Rolle beim Spracherwerb spielten die Lehrkräfte. Diese sähen sich vor allem in den Alphabetisierungskursen diversen Herausforderungen gegenüber: Ein geringerer Lernfortschritt aufgrund der Kurszusammensetzung, die bereits erwähnten vielschichtigen Problemlagen der Teilnehmenden und ein hoher Beratungsbedarf der Teilnehmenden. "Vor diesem Hintergrund ist das Erreichen des Sprachniveaus A2 im Alphabetisierungskurs bereits ein großer Erfolg", betonte Tissot. "Die Lehrkräfte sind nach unseren Erkenntnissen hoch motiviert, sollten aber angesichts dieser Herausforderungen noch stärkere Unterstützung erhalten, zum Beispiel auch Fortbildungen.“

Redaktion beck-aktuell, 17. September 2019.

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