BAG zur Betriebsrentenanpassung ohne Prüfpflicht des Arbeitgebers

Wird die betriebliche Altersversorgung über eine Pensionskasse im Sinne von § 1b Abs. 3 BetrAVG abgewickelt und nach den Regelungen der Pensionskasse sichergestellt, dass ab Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbestand entfallenden Überschüsse zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden, kann eine Prüfpflicht des Arbeitgebers bezüglich einer Betriebsrentenanpassung gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG entfallen. Das hat das Bundesarbeitsgericht am 03.04.2022 entschieden. Zudem stellte das Gericht klar, dass die Regelung zum Höchstzinssatz mit EU-Recht vereinbar ist.

Regelung zum Höchstzinssatz mit EU-Recht vereinbar

Durch das Gesetz zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie vom 21.12.2015 fiel ab dem 31.12.2015 die weitere Voraussetzung in § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG (Betriebsrentengesetz) weg, wonach zur Berechnung der garantierten Leistung der nach § 65 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a des Versicherungsaufsichtsgesetzes festgesetzte Höchstzinssatz zur Berechnung der Deckungsrückstellung nicht überschritten werden darf. Dies ist laut BAG mit Unionsrecht vereinbar. Denn die durch § 30c Abs. 1a BetrAVG angeordnete Geltung der am 31.12.2015 in Kraft getretenen Änderung auch für Anpassungszeiträume, die vor dem 01.01.2016 liegen, stelle keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung dar, so das höchste deutsche Arbeitsgericht.

Betriebsrente seit Rentenbeginn nicht mehr erhöht

Im konkreten Fall war die Klägerin bei der Beklagten beziehungsweise deren Rechtsvorgängern langjährig als Angestellte beschäftigt. Seit Oktober 2011 bezieht sie Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Die Beklagte führt diese über den BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes aG (BVV) durch. Bei diesem handelt es sich um eine regulierte Pensionskasse unter der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Seit dem Rentenbeginn wurde die Betriebsrente der Klägerin nicht mehr erhöht.

Anpassung der Betriebsrente geltend gemacht

Mit ihrer Klage macht sie eine Anpassung des auf Beiträgen der Arbeitgeberin beruhenden Teils ihrer Betriebsrente nach § 16 Abs. 1 BetrAVG zum Stichtag 01.10.2014 geltend und verlangt daraus folgend für die Zeit ab dem Anpassungsstichtag monatlich eine weitere Betriebsrente in Höhe von 37,72 Euro brutto. Sie hielt die Änderung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG mit Unionsrecht nicht für vereinbar. Die Übergangsbestimmung in § 30c Abs. 1a BetrAVG verstoße gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Jedenfalls seien die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG nicht erfüllt, so die Klägerin.

LAG gibt Klage zum Teil statt

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das BAG hat im Dezember 2019 das Berufungsurteil teilweise aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Das LAG hat der Klage in Höhe von 16,92 Euro brutto monatlich stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Es hat hinsichtlich des von ihm abgewiesenen Teils der Klage in Höhe von 5,04 Euro brutto monatlich die Auffassung der Beklagten bestätigt, sie sei gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG nicht zur Prüfung einer Anpassung verpflichtet.

Neuerliche Revision ohne Erfolg

Die dagegen von der Klägerin neuerlich geführte Revision hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Die bei der Pensionskasse für den Tarif DA geltenden Regelungen erfüllten die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG in seiner seit dem 31.12.2015 geltenden Fassung, entschied das BAG. Die Neufassung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG zum 31.12.2015 verstoße auch nicht gegen das Verschlechterungsverbot aus Art. 7 Abs. 2 Richtlinie 2014/50/EU (sogenannte Mobilitäts-Richtlinie).

Kein Verstoß gegen Verschlechterungsverbot

Das Verschlechterungsverbot soll laut BAG verhindern, dass die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht zur Absenkung des bestehenden Schutzes genutzt wird. Vorliegend habe der Gesetzgeber jedoch "lediglich" zeitgleich mit und bei Gelegenheit der Umsetzung eine außerhalb des Regelungsbereichs der Richtlinie bestehende Rechtsprechung des Senats korrigiert. Die Übergangsvorschrift des § 30c Abs. 1a BetrAVG sei nicht wegen unzulässiger Rückwirkung verfassungswidrig, so das BAG. Die Betriebsrentner der Beklagten hätten vielmehr bereits ursprünglich davon ausgehen müssen, dass eine Anpassungsprüfungspflicht nicht unverändert bestehen bleiben würde. Die vom Gesetzgeber gewählte Stichtagsregelung orientiere sich am Sachverhalt und sei vertretbar, stellte das BAG klar.

BAG, Urteil vom 03.05.2022 - 3 AZR 374/21

Gitta Kharraz, Redaktion beck-aktuell, 4. Mai 2022.