Veröffentlichung auf Jobbörse reicht für öffentliche Arbeitgeber nicht aus
Lorem Ipsum
© WoGi / stock.adobe.com

Veröffentlicht ein öffentlicher Arbeitgeber ein Stellenangebot nur auf der Webseite "Jobbörse" und stellt keinen Vermittlungsauftrag bei der Bundesagentur für Arbeit, spricht dies für eine Diskriminierung von Schwerbehinderten. Das Bundesarbeitsgericht verlangt, dass die Bundesagentur durch Nutzung ihres Vermittlungsservices in die Bewerbersuche einbezogen wird. Nur dann hätten alle potenziellen behinderten Interessenten eine Chance, von der Stelle zu erfahren.

Keine Benachteiligung wegen Behinderung

Ein Jurist verlangte von einem Landkreis eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Seinem Wunsch nach Zahlung eines Ausgleichs lag eine erfolglose Bewerbung zugrunde: Der Kreis hatte einen Leiter für sein Rechtsamt gesucht. Ausdrücklich verlangt wurden mehrjährige Berufs- und Führungserfahrung. Die Stellenausschreibung wurde über das Portal "Jobbörse" der Bundesagentur für Arbeit (BA) veröffentlicht, ohne einen Vermittlungsauftrag im Sinn von § 165 Satz 1 SGB IX zu stellen. Unter Hinweis auf seinen Grad der Behinderung von 50 bewarb sich der Rechtsanwalt und Industriekaufmann. Vor dem Referendariat hatte er als TV-Redakteur, Künstler-Manager und Immobilienmakler gearbeitet. Ohne Einladung zu einem Vorstellungsgespräch wurde ihm aber mitgeteilt, dass der Arbeitsplatz anderweitig vergeben worden war. Sein Schreiben, mit dem er eine Entschädigung wegen Benachteiligung verlangte, war der Gebietskörperschaft lediglich eine Eingangsbestätigung wert. Das Arbeitsgericht Dresden und ihm folgend das LAG Sachsen wiesen seine Klage ab. Der schwerbehinderte Anwalt sei "offensichtlich fachlich ungeeignet". Das BAG sprach dem Bewerber jedoch anderthalb Bruttomonatsgehälter zu.

Vermutung gilt auch bei Kenntnis vom Verfahren

Nach Ansicht der Erfurter Richter litt das Bewerbungsverfahren an einem schwerwiegenden Mangel: Das LAG habe verkannt, dass allein die Veröffentlichung über eine von der BA betriebene Webseite nicht für eine Meldung nach § 165 Satz 1 SGB IX ausreiche. Sinn und Zweck dieser Vorschrift sei es, die speziell bei der Agentur für Arbeit eingerichteten Stellen für die Vermittlung von Schwerbehinderten (§ 187 Abs. 4 SGB IX) an der Bewerbersuche zu beteiligen. Ansonsten könne die Nürnberger Behörde nicht dafür sorgen, dass möglichst alle in Betracht kommenden Kandidaten vom Verfahren erführen. Auch wenn der Jurist hier trotzdem von der Ausschreibung erfahren habe, wirke die Vermutung einer Benachteiligung nach § 22 AGG zu seinen Gunsten, denn auf die Kenntnis einzelner Interessenten komme es bei Verletzung dieser Grundregel nicht an. Das BAG betonte, dass es aus dem gleichen Grund ebenfalls unerheblich ist, ob dem Mann tatsächlich die fachliche Eignung gefehlt habe. Dies führe nur zur Befreiung von der Pflicht, zum Vorstellungsgespräch einzuladen. Der 8. Senat urteilte eine Entschädigung in Höhe von fast 6.900 Euro aus.

BAG, Urteil vom 25.11.2021 - 8 AZR 313/20

Redaktion beck-aktuell; Michael Dollmann, Mitglied der NJW-Redaktion, 21. März 2022.