Verfristetes Rechtsmittel: Kostenerstattung für Gegner

Auch wenn ein Gericht direkt darauf hinweist, dass eine Berufung verfristet sein dürfte, kann der Gegner Anspruch auf Ersatz seiner Anwaltskosten haben. Die Bestellung seines Anwalts kann, so das BAG, notwendig sein, wenn der Rechtsmittelführer der Auffassung des Gerichts zunächst entgegentritt.

Eine Partei forderte im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens die Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren für die Tätigkeit ihrer Bevollmächtigten in Höhe einer 1,1-fachen Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 VV RVG (vorzeitig beendeter Auftrag) in der Berufungsinstanz. Der in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren unterlegene Kontrahent hatte beim LAG Berlin-Brandenburg die Berufungsbegründung verspätet eingereicht. Das Gericht leitete das Dokument unter Hinweis auf Zulässigkeitsprobleme (Nichtwahrung der Frist) an die Beklagte weiter. Nachdem der klägerische Anwalt der Auffassung des Gerichts in einem Schriftsatz entgegengetreten war, bestellten sich die Anwälte der Gegenseite. Auf erneuten Hinweis des Gerichts hin nahm der Kläger sein Rechtsmittel zurück. Das LAG Berlin-Brandenburg lehnte eine Gebührenerstattung ab. Das BAG (Beschluss vom 15.12.2023 – 9 AZB 13/23) sah hierfür keinen Grund.

"Die Kosten der Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Beklagten sind entgegen der Auffassung des LAG (…) in vollem Umfang gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO erstattungsfähig", entschieden die Erfurter Richterinnen und Richter. Danach sei die seitens der Bevollmächtigten der Beklagten erbrachte anwaltliche Tätigkeit, zumindest soweit sie die allein in Rede stehende ermäßigte Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 VV RVG auslöste, notwendig gewesen. Daran habe auch der Umstand nichts geändert, dass das LAG die Parteien bereits bei Zuleitung der Berufungsbegründungsschrift an die Beklagte darauf hingewiesen habe, dass sie beabsichtige, das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen.

BAG: Kläger nutzte Gelegenheit zur Stellungnahme

Denn der Kläger habe die ihm vom LAG eingeräumte Gelegenheit zur Stellungnahme genutzt und sei mit Schriftsatz vom 12.10.2022 der Auffassung des LAG entgegengetreten. Der Kläger habe durch seine Reaktion auf den gerichtlichen Hinweis die Ursache dafür gesetzt, dass die Beklagte Maßnahmen zu ihrer Rechtsverteidigung für erforderlich halten durfte. Er hätte sie von der beabsichtigten Berufungsrücknahme frühzeitig informieren können und dadurch für Klarheit sorgen können.

BAG, Beschluss vom 15.12.2023 - 9 AZB 13/23

Redaktion beck-aktuell, ns, 10. Januar 2024.