Kampf um Urlaubstag
Ein älterer Beschäftigter stritt sich mit seiner Arbeitgeberin um einen Urlaubstag. In seinem Unternehmen hatten alle Arbeitnehmer ab 57 aufgrund einer Betriebsvereinbarung einen Anspruch auf Altersfreizeit. Zusammengefasst zu ganzen Arbeitstagen ergaben sich im Jahr 2019 für den Kläger sechzehn freie Tage. Laut Plan betraf dies alle drei Wochen einen Mittwoch, so auch den 22.05.2019. Vom 20.05. bis zum 31.05.2019 nahm der Kläger Urlaub. Gegen seinen Willen zog die Arbeitgeberin auch für den 22.5. einen Urlaubstag ab. Nach § 2a Abs. 6 des einschlägigen Manteltarifvertrags der Chemischen Industrie war der Urlaubsantrag aus ihrer Sicht vorrangig: "Die Altersfreizeit entfällt, wenn der Arbeitnehmer am gleichen Tag aus einem anderen Grund, insbesondere wegen Urlaub, Krankheit, Feiertag oder Freistellung von der Arbeit nicht arbeitet. Macht der Arbeitnehmer von einer Altersfreizeit keinen Gebrauch, so ist eine Nachgewährung ausgeschlossen." Das ArbG Hannover und das LAG Niedersachsen teilten die Ansicht des Betriebs. Die Revision des Angestellten führte aber beim BAG zum Erfolg.
Manteltarifvertrag falsch verstanden
Nach Ansicht der Erfurter Richter hatten die Vorinstanzen den Manteltarifvertrag falsch verstanden: Eine Zusammenfassung von Urlaub und Altersfreizeit sei zulässig. Die Regel bewirke nicht, dass für bereits freie Tage zusätzlich Urlaub genommen werden müsse. Lediglich umgekehrt könne für einen bereits bewilligten Urlaubstag keine Altersfreizeit mehr vereinbart werden. Das BAG führte auch systematische Gründe ins Feld: Während bei der Gleitzeit ausdrücklich bestimmt worden sei, dass Zeitguthaben nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit Urlaub verbraucht werden dürften, fehle eine solche Regel bei der Altersfreizeit. Der in der Ferienzeit liegende freie Tag stelle auch keinen Verstoß gegen das Gebot der zusammenhängenden Gewährung von Urlaub dar - eine Unterbrechung durch Sonn- und Feiertage gefährde den Erholungszweck schließlich auch nicht.