Fortbildung zum "Fachtherapeut Wunde ICW"
Eine Reha-Klinik hatte eine Arbeitnehmerin auf Rückzahlung von Fortbildungskosten von 2.730 Euro verklagt. Die Frau war dort von Juni 2017 bis Januar 2020 als Altenpflegerin zu einer monatlichen Bruttovergütung von 2.950 Euro angestellt. Beide schlossen im Februar 2019 einen Vertrag, dem zufolge die Angestellte von Juni bis Dezember 2019 an 18 Arbeitstagen an einer Fortbildung zum "Fachtherapeut Wunde ICW" teilnahm. Laut § 2 der Vereinbarung verpflichtete sich die Arbeitgeberin, die Kosten von 4.090 Euro (Kursgebühren von 1.930 Euro sowie eine bezahlte Freistellung von 2.160 Euro) zu übernehmen. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 sollte der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber bei einer Eigenkündigung die von diesem übernommenen Gesamtkosten zurückzuzahlen. Nach dem Ende der Fortbildung sollten pro Beschäftigungsmonat 1/6 des gesamten Rückzahlungsbetrages erlassen werden. Die Altenpflegerin kündigte das Arbeitsverhältnis zum 01.02.2020. Daraufhin forderte die Klinik sie auf, die Fortbildungskosten anteilig in Höhe von 2.730 Euro zurückzuzahlen. Die Klage scheiterte sowohl beim Arbeitsgericht Würzburg – Kammer Schweinfurt – als auch beim LAG Nürnberg, da die Klausel des § 3 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht standhalte und daher unwirksam sei. Auch die Revision der Klinik beim BAG (Az.: 9 AZR 260/21) scheiterte.
Unangemessene Benachteiligung
Dem 9. Senat zufolge hat das LAG zutreffend einen Anspruch auf Rückzahlung von Fortbildungskosten aus § 3 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 des Fortbildungsvertrags verneint. Es habe zu Recht erkannt, dass § 3 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 des Fortbildungsvertrags gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB verstoße, zu einer unangemessenen Benachteiligung der Altenpflegerin entgegen den Geboten von Treu und Glauben führe und deshalb unwirksam sei. Eine Rückzahlungsklausel ist laut BAG dann unangemessen benachteiligend, wenn sie auch den Arbeitnehmer, der das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Bindungsdauer kündigt, weil es ihm unverschuldet dauerhaft nicht möglich ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, zur Erstattung der Fortbildungskosten verpflichtet. Der Umstand, dass sich die Investition in die Fortbildung eines Arbeitnehmers aufgrund unverschuldeter dauerhafter Leistungsunfähigkeit für ihn nicht amortisiere, sei dem unternehmerischen Risiko zuzurechnen. Die durch § 3 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 bewirkte Bindung an das Arbeitsverhältnis benachteilige die Beklagte auch deshalb unangemessen, weil die Beschränkung der durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten arbeitsplatzbezogenen Berufswahlfreiheit des Arbeitnehmers bei dessen Leistungsunfähigkeit nicht durch den Ausbildungsvorteil ausgeglichen werde.