Stufenzuordnung: Ersatzfähiger Schaden bei Verletzung der Beschäftigungspflicht

Nach dem abschließenden Regelungskonzept des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) werden Zeiten, in denen Beschäftigte während eines Bestandsschutzstreits nicht arbeiten, nicht auf die Stufenlaufzeit angerechnet. Sie können laut Bundesarbeitsgericht aber im Weg des Schadenersatzes bei schuldhafter Nichtbeschäftigung als tatsächliche Beschäftigungszeit verrechnet werden.

Nichtbeschäftigung während erfolgreicher Befristungskontrollklage

Ein Arbeitnehmer verlangte festzustellen, dass er die Stufe 4 der Entgeltgruppe 14 TVöD (Bund) ab dem 01.12.2015 erreicht hat, sowie von seiner Arbeitgeberin die Zahlung von rund 4.200 Euro als Ausgleich für einen verzögerten Stufenaufstieg. Er war dort bis zum 31.12.2012 befristet beschäftigt. 2010 hatte er einen Monat Elternzeit genommen. 2013 erhob er erfolgreich Entfristungsklage, deren Entscheidung am 07.04.2015 rechtskräftig wurde. Danach trat er seinen Resturlaub an und setzte am 03.06.2015 seine Tätigkeit bei der Beklagten fort. Während des Befristungskontrollprozesses war der Angestellte von Dezember 2013 bis Januar 2015 aufgrund einer längeren psychischen Erkrankung arbeitsunfähig - möglicherweise verursacht durch die lange Dauer des Gerichtsstreits.

LAG: Ausgleich für verzögerten Stufenaufstieg

Die Klage auf Feststellung der Stufe 4 sowie auf Differenzlohnzahlung setzte sich beim Arbeitsgericht Magdeburg vollumfänglich durch. Beim Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt scheiterten die Differenzvergütungen teilweise, für die Monate Dezember 2015 bis Juli 2016 wegen Versäumung der Ausschlussfrist des § 37 TVöD-AT. Im Übrigen habe der Kläger einen Schadensersatzanspruch wegen einer vom Arbeitgeber verschuldeten Nichtbeschäftigung, der auch den Ausgleich des dadurch verzögerten Stufenaufstiegs umfasse. Die Revision der Beklagten beim BAG hatte teilweise Erfolg.

Schadensersatzanspruch bei Schutzzweckverletzung

Der Feststellungsantrag ist dem BAG zufolge in der erhobenen Form bereits unzulässig. Es solle kein Rechtsverhältnis geklärt werden, sondern eine einzelne Voraussetzung. Ansonsten sei der Kläger im Mai 2016 in die Stufe 4 aufgestiegen. Nach dem abschließenden Regelungskonzept des TVöD seien für die Stufenlaufzeit des Klägers in der Stufe 3 seiner Entgeltgruppe über die von der Beklagten bereits berücksichtigten Zeiten seiner Tätigkeit vom 15.12. bis 31.12.2012 (§ 16 Abs. 4 Satz 1 TVöD-AT (Bund)) sowie des bezahlten Erholungsurlaubs vom 08.04. bis 02.06.2015 (§ 17 Abs. 3 Satz 1 Buchst. c TVöD-AT) hinaus nur noch die ersten 39 Wochen seiner vom 02.12.2013 bis 29.01.2015 dauernden Arbeitsunfähigkeit (§ 17 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b TVöD-AT) zu berücksichtigen (02.12.2013 bis einschließlich 01.09.2014). Unerheblich ist dabei laut BAG, dass die Arbeitsunfähigkeit in eine Zeit "eingebettet" war, in der der Kläger bereits aus anderen Gründen, nämlich dem Streit der Parteien über die Wirksamkeit der Befristung, nicht beschäftigt worden sei. Die Regelung gelte für jeden Fall der Arbeitsunfähigkeit. Hinzu kämen die außerhalb der Erkrankung liegenden Zeiten vom 01.01.2013 bis 01.12.2013 und vom 30.01.2015 bis einschließlich 07.04.2015 als Schadensersatz wegen schuldhafter Nichtbeschäftigung. Hiervon nicht erfasst würden die Krankheitszeiten nach der 39. Woche - hier fehle es am Schutzzweckzusammenhang. Die Zahlungsansprüche seien entgegen der Ansicht des LAG nicht nur bis Juli 2016, sondern bis Januar 2017 verfallen. Den Erfurter Richtern zufolge waren die Differenzansprüche für die Zeit davor nicht wirksam geltend gemacht worden.

BAG, Urteil vom 12.09.2022 - 6 AZR 261/21

Redaktion beck-aktuell, 20. Oktober 2022.