Serienschauspieler monieren Kettenbefristung
Sanoussi-Bliss ist Schauspieler und stellte in der vom ZDF ausgestrahlten und von der Beklagten im Auftrag des Fernsehsenders produzierten Krimiserie "Der Alte" 18 Jahre lang den Kommissar "Axel Richter" dar. In einem zweiten, am gleichen Tag entschiedenen Verfahren (Az.: 7 AZR 440/16) klagte Böttcher, der 28 Jahre lang die Rolle des Kommissars "Werner Riedmann" in der gleichen Serie gespielt hatte. Die Parteien schlossen jeweils sogenannte "Mitarbeiterverträge" bzw. "Schauspielerverträge" ab, die sich auf einzelne Folgen oder auf die in einem Kalenderjahr produzierten Folgen bezogen. Zuletzt wurde Sanoussi-Bliss durch Vertrag vom 13./16.10.2014 in der Zeit bis zum 18.11.2014 für insgesamt 16 Drehtage zur Produktion der Folgen Nr. 391 und 392 verpflichtet. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Befristung in dem zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrag sei mangels Sachgrunds unwirksam. Außerdem liege eine unzulässige Kettenbefristung vor.
BAG: Eigenart der Arbeitsleistung rechtfertigt Befristung
Die Vorinstanzen haben die Befristungskontrollklagen abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Siebten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Befristung des mit dem Kläger zuletzt geschlossenen Vertrags sei nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG durch die Eigenart der Arbeitsleistung sachlich gerechtfertigt.
Abwägung zwischen Kunstfreiheit und Schutz des künstlerisch arbeitenden Arbeitnehmers erforderlich
Durch den in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG geregelten Sachgrund solle die Befristung von Arbeitsverhältnissen unter anderem in dem durch die Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) geprägten Gestaltungsinteresse des Arbeitgebers ermöglicht werden. Bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung und Anwendung des Sachgrunds in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG dürfe aber nicht allein die Kunstfreiheit Beachtung finden. Vielmehr sei auch dem nach Art. 12 Abs. 1 GG zu gewährleistenden Mindestbestandsschutz des künstlerisch tätigen Arbeitnehmers Rechnung zu tragen. Dies gebiete eine Abwägung der beiderseitigen Belange, bei der auch das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers angemessen Berücksichtigung finden müsse. Die Interessenabwägung sei Bestandteil der Sachgrundprüfung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG.
Entscheidung über Fortführung der Rollen Teil des künstlerischen Konzepts
Die Befristungskontrollklage hatte danach keinen Erfolg. Die Entscheidung der Beklagten, die Rolle des Klägers nur befristet zu besetzen, beruht auf künstlerischen Erwägungen, die von der Beklagten umgesetzt wurden. Die langjährige Beschäftigung des Klägers in der Rolle des Kommissars "Axel Richter" in der Krimiserie "Der Alte" überwiege nicht das Interesse an einer kurzfristig möglichen Fortentwicklung des Formats durch die Streichung der vom Kläger bekleideten, im Kernbereich des künstlerischen Konzepts liegenden und die Serie mitprägenden Rolle. Die beiden Schauspieler, die bei der Verhandlung in Erfurt anwesend waren, reagierten enttäuscht, wollten sich aber zu der Entscheidung nicht weiter äußern.