Schwerbehindertenvertretung bleibt im Amt
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Die Amtszeit einer Schwerbehindertenvertretung endet nicht vorzeitig, wenn die Zahl der gehandicapten Mitarbeiter im Betrieb unter das Quorum von fünf rutscht. Das hat das Bundesarbeitsgericht heute entschieden. Etwas anderes ergebe sich weder direkt noch indirekt aus dem Gesetz.

Vorinstanzen sahen Mandat beendet

Fast erstaunlich, dass diese Frage noch nicht längst geklärt war. Klägerin in dem aktuellen Verfahren war die Interessenvertretung der Schwerbehinderten und der ihnen gleichgestellten Personen eines Betriebs mit ungefähr 120 Mitarbeitern in Köln. Gewählt wurde sie im Jahr 2019. Die reguläre Amtsperiode beträgt nach § 177 SGB IX vier Jahre. Ein Jahr später gab es nur noch vier Beschäftigte, die die Kriterien für das passive Wahlrecht erfüllten – woraufhin die Arbeitgeberin mitteilte, die Belange dieser Personen würden nun wieder von der Schwerbehindertenvertretung ihres Betriebs in L. mit übernommen. Doch damit wollte sich die Vertrauensperson in der Domstadt nicht ab­finden. Aus Gründen der Rechtssicherheit gerade bei einem knappen Überschreiten des Schwellenwerts komme es allein darauf an, dass dieser zum Zeitpunkt der Wahl erreicht sei, argumentierte sie. Zudem sei angesichts von derzeit drei Langzeiterkrankten zu erwarten, dass die Hürde wieder übersprungen werde. Dagegen verwies das Unternehmen darauf, dass es sich gerade in einer "Phase des Personalabbaus" befinde, sodass nicht mit einem Wiederanstieg der Zahl Schwerbehinderter im Betrieb zu rechnen sei. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht in Köln schmetterten den Feststellungsantrag der Klägerin mit dem Hinweis auf das Betriebsverfassungsrecht ab: Zwar seien die Folgen eines Schwunds der Wahlberechtigten für die Belegschaftsvertretung ebensowenig im BetrVG geregelt wie für die Behindertenvertretung im SGB IX. Doch nach allgemeiner Auffassung ende dann für Erstere die Amtszeit. Dieser Grundsatz sei auf das Schwerbehindertenrecht zu übertragen.

"Steht nicht im Gesetz"

Ganz anders nun die obersten Arbeitsrichter. Das Amt der Schwerbehindertenvertretung sei nicht vorzeitig beendet, entschieden sie. Eine ausdrückliche Regelung, die das Erlöschen der Schwerbehindertenvertretung bei Absinken der Anzahl schwerbehinderter Beschäftigter unter den Schwellenwert nach § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vorsieht, gebe es im Gesetz nicht, schreiben sie in einer kurzen Mitteilung. Eine vorzeitige Beendigung der Amtszeit ist demzufolge auch nicht aus gesetzessystematischen Gründen oder im Hinblick auf Sinn und Zweck des Schwellenwerts geboten.

BAG, Beschluss vom 19.10.2022 - 7 ABR 27/21

Redaktion beck-aktuell, Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 19. Oktober 2022.