Privater Arbeitgeber verbietet Verkaufsberaterin und Kassiererin Tragen eines Kopftuchs
Die Beklagte ist ein Unternehmen des Einzelhandels. Die Klägerin ist muslimischen Glaubens. Sie ist als Verkaufsberaterin und Kassiererin beschäftigt. Nach Rückkehr aus der Elternzeit trug die Klägerin – anders als zuvor – ein Kopftuch. Sie erfüllt damit ein islamisches Bedeckungsgebot, das sie als zwingend empfindet. Der Aufforderung der Beklagten, das Kopftuch am Arbeitsplatz abzulegen, kam die Klägerin nicht nach.
Beklagte verweist auf Kleiderordnung in Verkaufsfilialen
Die Beklagte stützt sich zuletzt auf eine für alle Verkaufsfilialen geltende Kleiderordnung. Nach ihr ist das Tragen auffälliger großflächiger religiöser, politischer und sonstiger weltanschaulicher Zeichen am Arbeitsplatz verboten.
Klägerin sieht sich durch Weisung diskriminiert
Mit ihrer Klage will die Klägerin festgestellt wissen, dass die darauf beruhende Weisung der Beklagten unwirksam ist. Sie ist der Auffassung, die Weisung sei unwirksam, weil sie dadurch wegen ihrer Religion diskriminiert werde. Die Beklagte beruft sich auf ihre unternehmerische Freiheit und den Schutz der negativen Religionsfreiheit ihrer Kunden und Arbeitnehmer. Die Vorinstanzen gaben der Klage statt.
BAG ruft EuGH an: Unternehmerische Freiheit contra Religionsfreiheit
Der Zehnte Senat des BAG ersucht mit seinem Beschluss den EuGH, Fragen nach der Auslegung der RL 2000/78/EG und dem Verhältnis von primärem Unionsrecht und nationalem Verfassungsrecht zu beantworten. Zu klären sei, ob eine allgemeine Anordnung in der Privatwirtschaft, die auch das Tragen auffälliger religiöser Zeichen verbiete, aufgrund der von Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) geschützten unternehmerischen Freiheit diskriminierungsrechtlich stets gerechtfertigt sei. Oder ob die Religionsfreiheit der Arbeitnehmerin berücksichtigt werden könne, die von der EU-Grundrechtecharta, der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und dem Grundgesetz geschützt werde.