Verordnung sah keine Quarantäne bei Attest und negativem Testergebnis vor
Der Kläger in dem Fall ist als Leiter der Nachtreinigung bei der Beklagten, die am Standort Berlin Lebensmittel für den Handel produziert, beschäftigt. Die Beklagte erstellte zum Infektionsschutz ein Hygienekonzept, das für Arbeitnehmer, die aus einem vom RKI ausgewiesenen Risikogebiet zurückkehren, eine 14-tägige Quarantäne mit Betretungsverbot des Betriebs ohne Entgeltanspruch anordnet. Die SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung des Landes Berlin vom 16.06.2020 sah nach Einreise aus einem Risikogebiet grundsätzlich eine Quarantänepflicht für einen Zeitraum von 14 Tagen vor. Diese sollte jedoch nicht für Personen gelten, die über ein ärztliches Attest nebst aktuellem Laborbefund verfügen, der ein negatives Ergebnis eines PCR-Tests ausweist, der höchstens 48 Stunden vor Einreise vorgenommen wurde, und die keine Symptome einer COVID-19-Erkrankung aufweisen.
Betriebszutritt nach Rückkehr aus Risikogebiet verweigert
Der Kläger reiste während seines Urlaubs vom 11.08 bis zum 14.08.2020 wegen des Todes seines Bruders in die Türkei, die zu dieser Zeit als Corona-Risikogebiet ausgewiesen war. Vor der Ausreise aus der Türkei unterzog er sich einem Corona-PCR-Test, der ebenso wie der erneute Test nach Ankunft in Deutschland negativ war. Der Arzt des Klägers attestierte ihm Symptomfreiheit. Die Beklagte verweigerte dem Kläger für die Dauer von 14 Tagen den Zutritt zum Betrieb und zahlte keine Arbeitsvergütung. Mit seiner Klage verlangte der Mitarbeiter Vergütung wegen Annahmeverzugs in Höhe von 1.512,47 Euro brutto. Er machte geltend, die Beklagte habe zu Unrecht die Annahme seiner Arbeitsleistung verweigert. Das Landesarbeitsgericht gab der Klage statt.
BAG: Annahmeverzug - Keine Leistungsunfähigkeit des Klägers
Die dagegen gerichtete Revision der Beklagten hatte vor dem Fünften Senat des BAG keinen Erfolg. Das Berufungsgericht habe richtig erkannt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der vom Kläger angebotenen Arbeitsleistung in Annahmeverzug befand, betonte das BAG. Das von ihr erteilte Betretungsverbot des Betriebs habe nicht zur Leistungsunfähigkeit des Klägers (§ 297 BGB) geführt, weil die Ursache der Nichterbringung der Arbeitsleistung von der Beklagten selbst gesetzt wurde. Dass ihr die Annahme der Arbeitsleistung des Klägers aufgrund der konkreten betrieblichen Umstände unzumutbar gewesen sei, habe sie nicht dargelegt.
Quarantäneweisung unbillig - Weiterer Test wäre möglich gewesen
Die Weisung, dem Betrieb für die Dauer von 14 Tagen ohne Fortzahlung des Arbeitsentgelts fernzubleiben, war nach Ansicht des BAG außerdem unbillig (§ 106 GewO) und daher unwirksam. Die Beklagte habe dem Arbeitnehmer nicht die Möglichkeit eröffnet, durch einen weiteren PCR-Test eine Infektion weitgehend auszuschließen. Hierdurch hätte sie den nach § 618 Abs. 1 BGB erforderlichen und angemessenen Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer erreichen und einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf sicherstellen können.