Öffentliche Haushaltslage kann Nettolimitierung beim Ruhegeld rechtfertigen

Liegt bei der betrieblichen Altersvorsorge ein Fall der planmäßigen Überversorgung vor, können laut Bundesarbeitsgericht im öffentlichen Dienst die Anforderungen der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung die Anpassung von Versorgungsregelungen, wie etwa die Einführung einer sogenannten Nettolimitierung, rechtfertigen. Die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit könnten die Änderung einer Anpassungsregelung stützen.

Betriebliche Altersversorgung zugesagt

Dem Kläger war von seinem früheren Arbeitgeber – einer Handelskammer – eine betriebliche Altersversorgung in Form einer Gesamtzusage (VO I) zugesagt worden. Im Jahr 1995 wurde die VO I überarbeitet (VO I 1995) und für Neueintritte geschlossen. Zugesagt war hiernach eine Gesamtversorgung in Höhe von maximal 75% des zuletzt bezogenen Bruttogehalts unter Anrechnung der gesetzlichen Rente.

Seit 1991 sogenannte Überversorgung

Im Versorgungsfall wurde der Gesamtversorgungsbetrag jeweils entsprechend der Erhöhung der Tarifgehälter aufgrund einer betrieblichen Übung angepasst. Seit 1991 lag – bei einer Bruttoversorgung von 75% bezogen auf einen Durchschnittsverdienst – eine sogenannte Überversorgung in Höhe von 107,4% vor, in den Jahren 1995 und 2015 in Höhe von 113,1%.

Nettolimitierung vereinbart

Zum Abbau der Überversorgung schloss die ehemalige Arbeitgeberin 2017 mit ihrem Personalrat eine Dienstvereinbarung (DV 2017). Hierdurch wurde für die Versorgungsempfänger eine sogenannte Nettolimitierung eingeführt. Um eine Reduzierung des bisher gezahlten Ruhegeldes zu vermeiden, ist ein Ausgleichsbetrag vorgesehen.

Weitere Maßnahmen zum Abbau der Überversorgung

Gleichzeitig wurde die Regelung über die Anpassung der laufenden Ruhegelder dahin geändert, dass keine Anpassung der Gesamtversorgung an die Tarifentwicklung mehr erfolgt, sondern nur noch des gezahlten Ruhegeldes. Die Rentensteigerungen in der gesetzlichen Rentenversicherung werden nicht mehr angerechnet. Der Ausgleichsbetrag, der an der Tarifsteigerung ebenfalls nicht teilhat, wird über einen Zeitraum von in der Regel zehn Jahren abgeschmolzen.

Ruhegeldberechnung nach alter Regelung begehrt 

Für den Kläger bedeutete dies, dass sich das zuletzt gezahlte Ruhegeld tatsächlich nicht vermindert hat, ihm allerdings im Vergleich zur Rechtslage nach der VO I 1995 ab dem 01.04.2017 Steigerungen seines Ruhegeldes entgangen sind. Er begehrte mit seiner Klage ein Altersruhegeld nach den bisherigen Regelungen der VO I 1995. Die Ablösung der VO I 1995 und der Anpassungsregelung durch die DV 2017 sei ihm gegenüber nicht wirksam erfolgt.

BAG: Neue Regelung gilt

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem BAG Erfolg. Die DV 2017, die die Beklagte gegenüber dem Kläger als Ruhegeldempfänger auch bei einer gegebenenfalls vorliegenden Teilunwirksamkeit wegen Überschreitung der Regelungsmacht der Dienstvereinbarungsparteien umsetzen konnte, sei geeignet gewesen, die VO I 1995 und die auf betrieblicher Übung beruhende Anpassungsregelung abzulösen, so das BAG. Die damit verbundenen Eingriffe hielten einer rechtlichen Überprüfung stand.

Eingriffe ausreichend sachlich gerechtfertigt

Die Eingriffe hätten auf das gesetzliche Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung des öffentlichen Dienstes beziehungsweise die Ablösungsoffenheit der Versorgungsregelungen unter Berücksichtigung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit gestützt werden können, so das BAG. Sowohl die Einführung der sogenannten Nettolimitierung zum Abbau einer planmäßigen Überversorgung als auch die Änderung der Anpassungsregelung seien ausreichend sachlich gerechtfertigt gewesen.

BAG, Urteil vom 13.10.2020 - 3 AZR 410/19

Redaktion beck-aktuell, 14. Oktober 2020.