Beschäftigte klagt gegen Gewerkschaft
Auch Gewerkschaften sind Arbeitgeber. So kommt es, dass eine Mitarbeiterin im Sekretariatsdienst von Ver.di auf Einzahlungen der Organisation in die Unterstützungskasse des DGB klagte. Ihr Dilemma: Eingestellt wurde sie kurz nach ihrem 55. Geburtstag. Und damit war es - anders als etwa bei der IG Metall - zu spät für eine Anwartschaft auf eine Betriebsrente. Die Beschäftigte sieht darin eine Alters- und Frauendiskriminierung: Die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung sei gestiegen, so dass durch die Vorgabe umso größere Teile eines typischen Erwerbslebens nicht mehr von einer Versorgungszusage gedeckt seien.
BAG: Keine Diskriminierung von Älteren...
Das Bundesarbeitsgericht befand hingegen am gestrigen Dienstag: Eine Versorgungsregelung kann wirksam Beschäftigte von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ausschließen, die bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 55. Lebensjahr bereits vollendet haben. Denn diese Höchstaltersgrenze stelle weder eine ungerechtfertigte Benachteiligung wegen des Alters noch eine solche wegen des weiblichen Geschlechts dar. So ist die in der Versorgungsregelung vorgesehene Altersgrenze den Erfurter Bundesrichtern zufolge nicht als unzulässige Altersdiskriminierung nach § 7 Abs. 1 AGG unwirksam. Vielmehr sei sie nach § 10 AGG gerechtfertigt, und zwar auch unter Berücksichtigung der Anhebung der Regelaltersgrenze auf die Vollendung des 67. Lebensjahres nach § 35 Satz 2 SGB VI. Mit der Altersgrenze werde nämlich ein legitimes Ziel verfolgt, sie sei auch angemessen und erforderlich.
...oder Frauen
Eine mittelbare Benachteiligung von Frauen wegen ihres Geschlechts sah das Bundesarbeitsgericht in der Regelung ebenfalls nicht: Ein durchschnittliches Erwerbsleben dauere ungefähr 40 Jahre, und der durch die Altersgrenze betroffene Teil eines solchen Erwerbslebens dürfe nicht unangemessen lang sein. Nach den Statistiken der Deutschen Rentenversicherung lagen im Jahr 2019 den Versicherungsrenten in der Bundesrepublik Deutschland durchschnittlich 39,0 Versicherungsjahre zugrunde, heißt es weiter in der Pressemitteilung des Gerichts. Bei den Frauen belief sich demnach diese Zahl auf 36,5, bei den Männern auf 41,9 Versicherungsjahre. "Dieser Unterschied ist nicht so groß, dass Frauen durch die Auswirkungen der Altersgrenze unangemessen benachteiligt sind", schreiben die obersten Arbeitsrichter. Schon das ArbG Essen und das LAG Düsseldorf hatten das Begehren abgewiesen.
Videoverhandlungen in der Pandemie
Die Oberrichter ließen übrigens beide Seiten an ihrer Verhandlung per Videoschaltung teilnehmen. § 128a ZPO erlaube dies nicht nur, wenn sich die Teilnehmer in einem anderen von der Justiz gestellten Raum befänden - zumal dies in der Pandemie der Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) entspreche. Das Gericht habe nur dafür zu sorgen, "dass eine ordnungsmäße und dem Wesen einer Gerichtsverhandlung angemessene mündliche Verhandlung durchgeführt wird". Weiter heißt es, und das sogar in den Leitsätzen: "Wo dies nicht der Fall ist, das heißt kein angemessener Ort gewählt wird (Schwimmbad, Kneipe, Fußballplatz), kann die Bild- und Tonübertragung unter- oder abgebrochen werden."