Insolvenzverfahren über Vermögen des Arbeitgebers eröffnet
Die beklagte Arbeitnehmerin erhielt in den letzten beiden Monaten vor dem Insolvenzantrag – und damit in von § 131 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 InsO erfassten Zeiträumen – unter Angabe des Verwendungszwecks für zwei Monate ihr Arbeitsentgelt vom Konto der Mutter ihres damals bereits zahlungsunfähigen Arbeitgebers. Am 01.12.2016 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet. Der auf Rückgewähr klagende Insolvenzverwalter hat die Zahlungen wegen sogenannter Inkongruenz angefochten. Nach Ansicht der Beklagten ist eine Anfechtung in Höhe des Existenzminimums beziehungsweise in Höhe des Mindestlohns unzulässig.
LAG: Zumindest Mindestlohn kann nicht zurückgefordert werden
Das Landesarbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Die Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 131 InsO seien zwar erfüllt, der Mindestlohn könne aber nicht zurückgefordert werden. Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner Revision gewandt. Die Beklagte hat Anschlussrevision erhoben und die vollständige Abweisung der Klage verlangt.
BAG: Insolvenzrechtlicher Rückgewähranspruch erfasst auch Mindestlohn
Nur die Revision des Klägers hatte vor dem BAG Erfolg. Entgegen der Auffassung des LAG und der Beklagten sei die Klage in voller Höhe begründet. Eine grundsätzliche Einschränkung der Insolvenzanfechtung sei verfassungsrechtlich nicht geboten. Der Schutz des Existenzminimums des Arbeitnehmers werde durch die Pfändungsschutzbestimmungen der Zivilprozessordnung und das Sozialrecht gewährleistet. Der insolvenzrechtliche Rückgewähranspruch beziehe sich uneingeschränkt auch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Wurde dieser durch Zahlung erfüllt, endeten die Rechtswirkungen des Mindestlohngesetzes. Einen Ausschluss der Anfechtbarkeit oder einen besonderen Vollstreckungsschutz habe der Gesetzgeber nicht vorgesehen.