Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie haben in den vergangenen drei Jahren ganze Zeitschriften gefüllt. Diese Welle ist inzwischen abgeebbt. Vereinzelt schaffen es aber doch noch interessante "Corona-Fälle" in die bundesgerichtliche Rechtsprechung – hier zur Entgeltfortzahlung bei einer entsprechenden Infektion (BAG, Urteil vom 20.03.2024 – 5 AZR 234/23).
Ein Mitarbeiter in der Produktion eines kunststoffverarbeitenden Betriebs hatte sich nicht gegen das Corona-Virus impfen lassen. Ende Dezember 2021 war sein Test positiv. Bis Silvester litt er unter den typischen Symptomen und sein Arzt bescheinigte ihm Arbeitsunfähigkeit. Eine Folge-Bescheinigung stellte ihm der Arzt nicht aus, da die Gemeinde mittlerweile eine zweiwöchige Quarantäne angeordnet hatte. Die Arbeitgeberin zahlte dem Erkrankten nur bis Silvester das vereinbarte Entgelt fort. Für die Zeit danach sei der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit nicht erbracht; außerdem sei der Mitarbeiter schuld an seiner Infektion, da er sich nicht habe impfen lassen.
Weder Symptome noch Impfung erforderlich
Das wollte der Mann so nicht anerkennen – immerhin ging es um rund 1.000 Euro brutto. Er klagte und bekam schließlich Recht. Die Infektion mit dem Corona-Virus stelle auch ohne Symptome eine Krankheit dar, die zur Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers geführt habe, so das BAG. Die Absonderungsanordnung sei keine eigenständige, parallele Ursache für die Arbeitsunfähigkeit. Das daraus resultierende Tätigkeitsverbot beruhe vielmehr gerade auf der Infektion. Diese habe es ihm rechtlich unmöglich gemacht, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.
Für unbeachtlich hält das BAG es, dass der Mitarbeiter sich der empfohlenen Schutzimpfung entzogen hatte. Zwar könne man darin einen gröblichen Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen zu erwartende Verhalten sehen. Das Berufungsgericht habe jedoch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Gefahr von Impfdurchbrüchen in die Kausalitätsprüfung einbezogen. Die wöchentlichen Lageberichte des RKI und dessen Einschätzung der Impfeffektivität ließen – so das LAG – nicht den Schluss zu, dass Ende Dezember 2021/Anfang Januar 2022 die hier aufgetretene Corona-Infektion durch die Schutzimpfung hätte verhindert werden können.
Die Arbeitgeberin habe der Entgeltfortzahlung auch nicht entgegenhalten können, dass keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt worden sei. Die hier erfolgte Vorlage der gemeindlichen Quarantäneverfügung genüge.