EuGH soll zu AGG-Verstoß bei Stellenausschreibung für Leistungen der Assistenz entscheiden

Die 1968 geborene Klägerin verlangt wegen unmittelbarer Benachteiligung wegen ihres Alters Entschädigung nach Vorschriften des AGG. Sie hatte sich erfolglos auf die Stellenausschreibung eines Assistenzdienstes für eine 28-jährige, behinderte Studentin beworben, die eine Assistentin zwischen 18 und 30 Jahren suchte. Da sich bei der Auslegung der AGG-Normen auch Fragen der Auslegung von Unionsrecht stellten, hat das Bundearbeitsgericht den Fall dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt.

Bewerberin wegen Alters diskriminiert?

Die Klägerin ist der Auffassung, die Studentin habe sie im Bewerbungsverfahren entgegen den Vorgaben des AGG wegen ihres Alters benachteiligt und sei ihr deshalb nach § 15 Abs. 2 AGG die Zahlung einer Entschädigung schuldig. Die ausdrücklich an Assistentinnen im Alter "zwischen 18 und 30" Jahren gerichtete Stellenausschreibung der Beklagten begründe die Vermutung, dass die Klägerin wegen ihres höheren Alters nicht berücksichtigt und damit wegen ihres Alters diskriminiert worden sei. Die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters sei bei Leistungen der Assistenz nach § 78 SGB IX unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt. Die Beklagte beruft sich hingegen auf § 8 Abs. 1 SGB IX, der ein Wunsch- und Wahlrecht auch im Hinblick auf das Alter der Assistenten und Assistentinnen vorsehe. Nur so sei eine selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu erreichen. Nachdem das Arbeitsgericht der Klage zunächst teilweise stattgegeben und das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Beklagten die Klage vollständig abgewiesen hatte, verfolgt die Klägerin ihr Begehren nun vor dem BAG weiter.

BAG legt Rechtsfrage dem EuGH vor

Da die Entscheidung des Rechtsstreits davon abhängt, ob die durch die Stellenausschreibung bewirkte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters nach den Bestimmungen des AGG gerechtfertigt ist und sich im Hinblick auf die Auslegung dieser Bestimmungen in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Richtlinie 2000/78/EG Fragen der Auslegung von Unionsrecht stellen, rief der Achte Senat des BAG den EuGH an. Dieser hat nun die Frage zu beantworten, ob Art. 4 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 7 und/oder Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78/EG - im Licht der Vorgaben der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie im Licht von Art. 19 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) - dahin ausgelegt werden können, dass in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters gerechtfertigt werden kann.

BAG, Beschluss vom 24.02.2022 - 8 AZR 208/21 (A)

Redaktion beck-aktuell, 25. Februar 2022.