Klage mehrfach eingereicht
Eine Angestellte lag im Streit mit ihrer jetzigen Arbeitgeberin und dem Insolvenzverwalter ihrer alten Firma über die nachträgliche Zulassung ihrer Kündigungsschutzklage. Über das Vermögen ihrer ehemaligen Dienstherrin wurde im Februar 2020 das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 26.02.2020 kündigte ihr der Insolvenzverwalter persönlich zum 31.05.2020. Anfang März 2020 übernahm die neue Arbeitgeberin die Geschäfte. Am 17.03.2020 erhob der damalige Anwalt der Gekündigten Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Lübeck - wegen Problemen mit dem beA zunächst per Telefax. Zu diesem Zeitpunkt galt in Schleswig-Holstein bereits § 46g ArbGG (Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs für Anwälte) und die elektronische Akte war führend.
LAG: Technische Probleme nicht rechtzeitig glaubhaft gemacht
Auf Hinweis des Richters, dass die Klage unzulässig sein könnte, übermittelte der Jurist am 18.03.202 (letzter Tag der Klagefrist) ein weiteres Dokument im Word-Format. Ohne Erfolg, denn die Übermittlung hätte per PDF erfolgen müssen (§ 46c Abs. 2 Satz 1 ArbGG aF iVm § 2 ERVV aF: falsches Dateiformat). Aber auch zwei daraufhin am 27.03.2022 und 31.03.2020 nachgereichten PDF-Dokumente änderten nichts am Ergebnis. Erst im letzten Schriftsatz hatte der Anwalt auf die beA-Probleme am 17.03.2022 hingewiesen und sich zur Glaubhaftmachung auf einen beigefügten Screenshot der Webseite der Bundesrechtsanwaltskammer bezogen. Zusätzlich bot er Zeugenbeweis an. Die Klage scheiterte in Lübeck und beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein. Die Revision der Klägerin beim BAG half auch nicht weiter.
Nicht für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet
Das LAG hat im Ergebnis zu Recht die Kündigung vom 26.02.2020 nach § 7 Halbs. 1 KSchG als von Anfang an wirksam angesehen, so die Erfurter Richter. Die Kündigungsschutzklage sei nicht fristgerecht in formwirksamer Weise beim Arbeitsgericht eingegangen. Der Arbeitnehmerin sei daher weder Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren noch könne die Klage nachträglich zugelassen werden. Die Gekündigte habe weder durch die per Telefax am 17.03.2020 dort eingegangene Klageschrift noch durch die auf elektronischem Wege übermittelten Schriftsätze die dreiwöchige Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt. Für eine wirksame Ersatzeinreichung nach § 46g Satz 3 ArbGG habe es an einer rechtzeitigen Glaubhaftmachung der vorübergehenden technischen Störung am 17.03.2020 nach § 46g Satz 4 ArbGG gefehlt. Die Kündigungsschutzklage im Word-Format, sei nicht formwirksam übermittelt worden. Dadurch sei sie für die Bearbeitung durch das Gericht ungeeignet. Daran ändere auch die Möglichkeit, dass im Einzelfall durch das bei einem Gericht eingesetzte IT-System die Bearbeitung eines nicht den Formatvorgaben entsprechenden elektronischen Dokuments erfolgen kann, dem BAG zufolge nichts (In einer Strafsache hatte der BGH jüngst die Verwendung einer bearbeitbaren docx-Datei nicht beanstandet, BeckRS 2022, 31693). Der in der Übermittlung der Word-Datei liegende Formmangel gelte auch nicht durch die Einreichung der erneuten Klageschrift am 27.03.2020 nach § 46c Abs. 6 Satz 2 ArbGG rückwirkend zum Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift am 18.03.2020 als geheilt. Denn der Anwalt habe nicht glaubhaft gemacht, dass dieser Schriftsatz inhaltlich mit der ursprünglichen Klageschrift vom 18.03.2020 übereingestimmt habe.