Keine umfassend eingebetteten Schriftarten in der pdf-Datei erforderlich
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Die elektronisch übermittelten Schriftsätze an das Gericht müssen für die Bearbeitung geeignet sein. Bei Gerichten, die die E-Akte nur parallel mitlaufen lassen, das Verfahren aber mit Papierakten führen, genügt es, wenn es die Dateien ausdrucken kann. Das Bundesarbeitsgericht hob einen Beschluss auf, mit welchem eine Berufung mit der Begründung, die Dateien seien nicht durchsuch- und kopierbar und enthielten nicht eingebettete Schriftarten, verworfen worden war. Die ausschließliche Verwendung eingebetteter Schriftarten sei nicht vorgeschrieben gewesen.

Berufungsbegründung ohne durchsuchbare Datei mit nur teilweise eingebetteten Schriftarten

Eine Frau unterlag vor dem Arbeitsgericht in einem Streit um ihre Betriebsrente. Sie beauftragte daher im Juni 2021 ihren Prozessbevollmächtigten mit der Einlegung der Berufung zum Hessischen Landesarbeitsgericht. Dieser nutzte das besondere anwaltliche Postfach (beA) für die Übermittlung und sendete die Berufung und Berufungsbegründung im pdf-Format. Das Gericht erkannte, dass die Schriftstücke weder durchsuchbar noch kopierbar waren und auch nicht alle Schriftarten eingebettet waren. Es druckte die Dateien aus und bearbeitete das Verfahren - wie alle Prozessakten - mit der  Papierakte weiter. Erst bei der Terminierung zum Oktober stellte das Gericht die Mängel der elektronischen Dokumente fest und teilte das den Parteien mit. Daraufhin reichte der Klägervertreter inklusive anwaltlicher Versicherung, dass die Schriftstücke mit den bereits eingereichten Dokumenten übereinstimmten, die Dateien erneut ein. Dieses Mal waren die Dokumente einwandfrei - nur die Schriftarten waren nicht vollständig eingebettet. Das LAG Hessen wies die Berufung als unzulässig zurück und ließ die Revision zu. Die Rentnerin erhob Revision zum Bundesarbeitsgericht - mit Erfolg.

Übertriebene Förmelei

Das LAG Hessen habe die formellen Anforderungen an § 130a Abs. 6 Satz 2 ZPO aF in Verbindung mit § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG überspannt, so das BAG. Wenn das Gericht die Akten parallel führe und sich die Dateien problemlos ausdrucken ließen, seien sie augenscheinlich entsprechend der Norm für das Gericht zur Bearbeitung geeignet gewesen. Erst mit Einführung der elektronischen Akte nach § 298a Abs. 1 ZPO komme Satz 2, wonach der Absender die Dateien in korrekter Form nachreiche und damit noch die Frist wahren könne, zum Tragen. Ein abweichendes Verständnis der Vorschrift kann nach den Erfurter Richtern zu einem Verstoß gegen den Justizgewährungsanspruch führen.

Mängel geheilt - auch mit nichteingebundenen Schriftarten

Mit der nach dem Hinweis des Gerichts unverzüglichen Nachreichung der Dateien in korrekter Form und der Glaubhaftmachung der inhaltlichen Identität der Schriftsätze mit den Erstdokumenten sind die Formmängel dem BAG zufolge geheilt, § 130a Abs. 6 Satz 1 ZPO aF. Da weder § 130a ZPO noch die ERVV aF die Einbettung der Schriftarten regelten, komme als Rechtsgrundlage nur Nr. 1 Satz 1 ERVB 2019 Hessen in Betracht. Dieser Norm kommt dem 3. Senat zufolge keinerlei Regelungsgehalt zugute, da eine Ermächtigungsgrundlage nach Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG, die dem Land erlaubt, über § 130a ZPO und der ERVV hinaus Formerfordernisse aufzustellen, fehlt.

BAG, Beschluss vom 25.04.2022 - 3 AZR 2/22

Redaktion beck-aktuell, 23. Mai 2022.