Keine höhere Karenzentschädigung wegen Leistungen Dritter

Bei einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Entschädigung zu zahlen, die sich auf Grundlage der vom Arbeitnehmer zuletzt bezogenen "vertragsmäßigen Leistungen" berechnet. Diese müssen laut einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts auf dem Austauschcharakter des Arbeitsvertrags beruhen und vom Arbeitgeber als Vergütung für geleistete Arbeit geschuldet sein. Leistungen Dritter erhöhen die Karenzentschädigung demnach nicht.

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart

Der Kläger war von 2012 bis 2020 bei der Beklagten für zuletzt knapp 10.700 Euro brutto im Monat beschäftigt. Die Beklagte ist Mitglied einer Unternehmensgruppe, deren Obergesellschaft ein US-amerikanisches Unternehmen ist. Der Arbeitsvertrag enthält die Vereinbarung eines neunmonatigen konzernweiten nachvertraglichen Wettbewerbsverbots. Im Gegenzug wird die Arbeitgeberin verpflichtet, an den Kläger nach Ende der Anstellung eine Entschädigung zu zahlen, welche für jedes Jahr des Verbots die Hälfte der vom Angestellten zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.

"Restricted Stock Units" bei Karenzentschädigung zu berücksichtigen?

Während seines Arbeitsverhältnisses partizipierte der Kläger an einem "RSU-Programm" der Obergesellschaft, bei dem ihm auf Grundlage von separat mit der Obergesellschaft getroffenen Vereinbarungen jährlich eine bestimmte Anzahl von sogenannten Restricted Stock Units (RSUs – beschränkte Aktienerwerbsrechte) gewährt wurden. Nach Vertragsbeendigung hat die Beklagte dem Kläger für die Karenzzeit eine Entschädigung gezahlt. Der Kläger ist jedoch der Auffassung, ihm stehe über den bereits gezahlten Betrag eine weitere Karenzentschädigung in Höhe von knapp 8.900 Euro brutto monatlich zu. Bei der Berechnung der Karenzentschädigung seien auch die ihm gewährten RSUs zu berücksichtigen. Darauf, wer Schuldner dieser Leistungen sei, könne es schon in Anbetracht der Möglichkeit der Einflussnahme der Obergesellschaft auf die Vertragsbedingungen im Arbeitsverhältnis der Parteien nicht ankommen. Seine Klage belief sich zuletzt auf rund 80.000 Euro brutto. 

BAG: Nur auf Austauschcharakter des Arbeitsvertrags beruhende Leistungen vertragsgemäß

Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung einer höheren Karenzentschädigung, so das BAG. Bei Den RSUs handele es sich nicht um "vertragsmäßige Leistungen" im Sinne der vertraglichen Vereinbarung, welche wiederum den Wortlaut von § 74 Abs. 2 HGB aufgreife. Der Begriff der "vertragsmäßigen Leistungen" umfasse nur solche Leistungen, die auf dem Austauschcharakter des Arbeitsvertrags beruhen und die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer als Vergütung für geleistete Arbeit schuldet. Da der Kläger die jeweiligen Vereinbarungen über die Gewährung der RSUs ("Global Restricted Stock Unit Award Agreements") nicht mit der Beklagten, sondern mit der Obergesellschaft getroffen hat, setze die Berücksichtigung der RSUs bei der Berechnung der Karenzentschädigung zumindest voraus, dass die Beklagte ausdrücklich oder konkludent eine (Mit-)Verpflichtung übernommen hat.

In Wettbewerbsabrede vereinbarter Konzernbezug ändert nichts

Dies sei jedoch nicht der Fall. Insbesondere sei eine andere Bewertung nicht deshalb geboten, weil die Parteien vertraglich ein "konzernweites" Wettbewerbsverbot vereinbart haben. Selbst wenn die Wettbewerbsabrede hinsichtlich ihres vereinbarten Konzernbezugs nicht dem Schutz berechtigter geschäftlicher Interessen der Beklagten gedient haben sollte, hätte dies nach § 74a Abs. 1 HGB "nur" eine Rückführung der dem Kläger auferlegten Beschränkungen auf die zulässige Reichweite des Verbots bewirkt, nicht aber dazu geführt, dass der Kläger, soweit er sich auch des Wettbewerbs insbesondere im Geschäftsbereich der Obergesellschaft enthalten hat, eine Karenzentschädigung unter Berücksichtigung der RSUs verlangen könnte.

BAG, Urteil vom 25.08.2022 - 8 AZR 453/21

Redaktion beck-aktuell, 25. August 2022.

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