Keine Altersdiskriminierung im Sozialplan
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Wer eine Abfindung im Sozialplan zur Abwicklung eines Unternehmens auf einen Höchstbetrag begrenzt und damit fast ausschließlich ältere Arbeitnehmer benachteiligt, diskriminiert sie dem Bundesarbeitsgericht zufolge nicht, wenn die Begrenzung nur die Begünstigung des Betroffenen durch die lange Zugehörigkeit zum Unternehmen verringert. Im streitgegenständlichen Fall verfolge sie das rechtmäßige Ziel, die zur Verfügung stehenden Mittel der Abwicklung gerecht auf alle Arbeitnehmer zu verteilen.

Ein Sozialplan für Beschäftigte nach Werkschließung

Ein alteingesessener Betrieb in Süddeutschland wurde 2019 geschlossen. Um den Verlust für die Arbeitnehmer sozialverträglich zu gestalten, schlossen Betriebsrat und Unternehmen einen Sozialplan. Danach bildeten sie - gestaffelt nach Länge der Betriebszugehörigkeit, Höhe des Bruttogehalts und Lebensalter - eine Abfindungssumme, die auf einen Höchstbetrag von 75.000 Euro gedeckelt wurde. Wer auf eine Kündigungsschutzklage verzichtete, sollte eine sogenannte Klageverzichtsprämie erhalten. Der Kläger, seit über 30 Jahren in der Firma beschäftigt, fast sechzig Jahre alt, war von der Deckelung betroffen. Er forderte im Klageweg weitere rund 28.000 Euro Bruttogehalt für die Zeit seiner Freistellung sowie die Klageverzichtsprämie in Höhe von rund 27.000 Euro ein. Sowohl das Arbeitsgericht Weiden als auch das Landesarbeitsgericht Nürnberg wiesen seine Klage ab. Das Bundesarbeitsgericht endlich gab ihm teilweise Recht.

Keine mittelbare Diskriminierung älterer Arbeitnehmer

Die Begrenzung der Abfindung auf 75.000 Euro galt zwar für alle Arbeitnehmer, knüpfte also nicht unmittelbar an das Lebensalter an. Die Deckelung trifft dem 1. Senat zufolge aber wegen der Faktoren Betriebszugehörigkeit und Alter in der Berechnungsformel typischerweise nur ältere Arbeitnehmer. Eine mittelbare Diskriminierung liegt laut den Erfurter Richtern dennoch nicht vor: Denn die Regelung verfolge das rechtmäßige Ziel nach den §§ 3 Abs. 2 Halbs. 2, 10 Satz 1 AGG in Verbindung mit § 75 BetrVG, die zur Verfügung stehenden Mittel der Abwicklung gerecht zu verteilen. Sie sei auch geeignet, erforderlich und verhältnismäßig, weil die Deckelung der Abfindung für die Alterskohorte der 51- 60jährigen Arbeitnehmer erst eine Verteilung auch an die jüngeren Beschäftigten ermögliche. Andere Maßnahmen führten unweigerlich zu einer Verringerung der Überbrückungshilfe für die anderen Arbeitnehmer.

Klageverzichtsprämie kommt aber obendrauf

Der Höchstbetrag betreffe aber nicht die Klageverzichtsprämie, entschied das BAG. Die Auslegung der Vereinbarung ergebe, dass die Prämie sowohl vom Wortlaut, als auch nach deren Zweck und nach ihrem Standort in der Betriebsvereinbarung betrachtet, extra geleistet werden solle. Der Arbeitnehmer bekommt daher neben den bereits bezahlten 75.000 Euro noch rund 27.000 Euro zugesprochen.

BAG, Urteil vom 07.12.2021 - 1 AZR 562/20

Redaktion beck-aktuell, 8. Februar 2022.