Kein Recht auf Kopie sämtlicher Arbeits-Mails
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Ein entlassener Arbeitnehmer kann nicht verlangen, dass ihm der frühere Arbeitgeber eine Kopie seiner ge­sam­ten E-Mail-Kom­mu­ni­ka­ti­on von ihm und über ihn zur Verfügung stellt. Das hat das Bundesarbeitsgericht heute entschieden. Damit hat es einer neuen Masche Grenzen gesetzt, mit der Beschäftigte in Kündigungsschutzprozessen Druck ausüben, um zumindest eine höhere Abfindung zu ergattern.

Ein neues Druckmittel

Die Entscheidung hat weitreichende Bedeutung: Arbeitsrechtler haben in jüngster Zeit mehrfach darauf hingewiesen, dass die DS-GVO gekündigten Arbeitnehmern ein neues Druckmittel an die Hand gibt. Geklagt hat ein Wirtschaftsjurist, der schon nach einem Monat in seiner Probezeit (mit prompter Zustimmung des Betriebsrats) wieder entlassen worden war. Er verlangte daraufhin nicht nur Auskunft über die von dem Unternehmen verarbeiteten personenbezogenen Daten über ihn - sondern er begehrte auch eine Kopie des gesamten E-Mail-Verkehrs von ihm sowie all jener Mails, in denen er persönlich erwähnt wird.

Ein vergeblicher Trick

Zunächst hatte der Mann versucht, seinen Rauswurf zu verhindern, indem er geltend machte, schon im Zuge seines Einstellungsgesprächs sei er zum Datenschutzbeauftragten benannt worden und damit sei er praktisch unkündbar (§ 6 Abs. 4 2 BDSG). Davon ließen sich jedoch in den Vorinstanzen weder das ArbG Hameln noch das LAG Niedersachsen überzeugen, das die Revision nur hinsichtlich der geforderten Mailkopien zuließ. Die haben die hannoverschen Richter ihm teilweise zugesprochen - aber nur, soweit es sich um personenbezogene Daten handelt, die der Arbeitgeber verarbeitet hatte. Dies ­decke sich nämlich mit dem Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO. Seine eigene elektronische Korrespondenz mit der Firma müsse ihm dagegen nicht übermittelt werden, denn die kenne er selbst. Und wenn der Kläger weitere Mails sehen will, in denen er lediglich in irgendeiner Weise genannt wird, muss er nach Ansicht der hannoverschen Richter sein Verlangen auf bestimmte Dokumente hin konkretisieren.

"Nicht hinreichend bestimmt"

Dem hat sich das BAG nun angeschlossen. Der Klageantrag auf Überlassung einer Kopie von E-Mails sei nicht hinreichend bestimmt gewesen, befanden die Erfurter Richter unter Verweis auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die begehrten Nachrichten müssten so genau bezeichnet werden, dass im Vollstreckungsverfahren unzweifelhaft sei, auf welche sich eine Verurteilung bezieht. Dabei ließ das oberste Arbeitsgericht offen, ob das Recht auf Überlassung einer Kopie gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO auch die Erteilung eines Duplikats von E-Mails umfassen kann. Jedenfalls müsse ein solcher Anspruch, falls es ihn denn gebe, entweder mit einem hinreichend bestimmten Klagebegehren oder, sollte dies nicht möglich sein, im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) geltend gemacht werden. Und daran fehlte es hier: Würde das Unternehmen dazu vergattert, dem Kläger eine Kopie seines E-Mail-Verkehrs sowie solcher Mitteilungen, die ihn namentlich erwähnen, zu überlassen, bliebe unklar, welche Kopien überlassen werden müssten. "Gegenstand der Verurteilung wäre die Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung im Sinn von § 888 ZPO, für die im Zwangsvollstreckungsrecht nicht vorgesehen ist, dass der Schuldner an Eides statt zu versichern hätte, sie vollständig erbracht zu haben", heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts.

BAG, Urteil vom 27.04.2021 - 2 AZR 342/20

Redaktion beck-aktuell, Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 27. April 2021.