Rechtlicher Hintergrund
Für das Kabinenpersonal der Air Berlin war auf der Grundlage eines mit ver.di geschlossenen Tarifvertrags (TVPV) die Personalvertretung Kabine errichtet. Nach § 83 Abs. 3 TVPV ist den Arbeitnehmern ein Nachteilsausgleich zu zahlen, wenn eine geplante Betriebsänderung durchgeführt wird, ohne dass über sie ein Interessenausgleich mit der Personalvertretung Kabine versucht wurde, und sie infolge dieser Maßnahme entlassen werden.
Flugbegleiterinnen kämpfen nach Kündigung um Nachteilsausgleich
Anfang Oktober 2017 unterrichtete Air Berlin die Personalvertretung Kabine über die geplante Stilllegung des Geschäftsbetriebs zum 31.01.2018. Nachdem die Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs erfolgslos geblieben waren, rief Air Berlin die Einigungsstelle an. Diese erklärte sich am 10.01.2018 für unzuständig. Ende Januar 2018 kündigte der Insolvenzverwalter den im Kabinenbereich Beschäftigten betriebsbedingt. Mit ihren Klagen haben die vormals als Flugbegleiterinnen tätigen Klägerinnen die Gewährung eines Nachteilsausgleichs verlangt. Sie haben geltend gemacht, die Betriebsänderung in Form der Stilllegung des Flugbetriebs sei bereits mit den Ende November 2017 erfolgten Kündigungen der Piloten durchgeführt worden; zu diesem Zeitpunkt sei der Interessenausgleich mit der Personalvertretung Kabine noch nicht hinreichend versucht gewesen.
Klagen in allen Instanzen erfolglos
Die Vorinstanzen haben die Klagen abgewiesen. Auch die Revisionen hatten vor dem BAG keinen Erfolg. § 83 Abs. 3 TVPV sanktioniere die Verletzung des personalvertretungsrechtlichen Verhandlungsanspruchs. Dieser beziehe sich ausschließlich auf kabinenpersonalbezogene Maßnahmen, so die Erfurter Richter.
Gesetzeskonforme Auslegung des einschlägigen Tarifvertrags
Das folge aus einem gesetzeskonformen Verständnis des tariflich geregelten Beteiligungsrechts der Personalvertretung Kabine, so die BAG-Richter weiter. Der TVPV gelte nach seinem persönlichen Geltungsbereich nur für das Kabinenpersonal. Könnte die für diese Gruppe errichtete Personalvertretung einen Sachverhalt gestalten, der auch das Cockpitpersonal beträfe, widerspräche dies der in § 4 Abs. 1 TVG angeordneten geltungsbereichsbezogenen Wirkung von Rechtsnormen eines Tarifvertrags über betriebsverfassungsrechtliche Fragen.