Glei­cher Lohn für Ret­tungs­as­sis­tent bei ge­ring­fü­gi­ger Be­schäf­ti­gung

Ge­ring­fü­gig Be­schäf­tig­te, die in Bezug auf Um­fang und Lage der Ar­beits­zeit kei­nen Wei­sun­gen des Ar­beit­ge­bers un­ter­lie­gen, je­doch Wün­sche an­mel­den kön­nen, denen die­ser al­ler­dings nicht nach­kom­men muss, dür­fen bei glei­cher Qua­li­fi­ka­ti­on für die iden­ti­sche Tä­tig­keit keine ge­rin­ge­re Stun­den­ver­gü­tung er­hal­ten als Voll­zeit­be­schäf­tig­te, die ver­bind­lich zur Ar­beit ein­ge­teilt wer­den. Dies hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt am Mitt­woch ent­schie­den.

"Ne­ben­amt­li­che" Ret­tungs­as­sis­ten­ten schlech­ter be­zahlt

Der Klä­ger ist als Ret­tungs­as­sis­tent im Rah­men eines ge­ring­fü­gi­gen Be­schäf­ti­gungs­ver­hält­nis­ses bei der Be­klag­ten tätig. Diese führt im Auf­trag eines Ret­tungs­zweck­ver­ban­des unter an­de­rem Not­fall­ret­tung und Kran­ken­trans­por­te durch. Sie be­schäf­tigt – nach ihrer Dik­ti­on – so­ge­nann­te haupt­amt­li­che Ret­tungs­as­sis­ten­ten in Voll- und Teil­zeit, denen sie im Streit­zeit­raum eine Stun­den­ver­gü­tung von 17 Euro brut­to zahl­te. Da­ne­ben sind so­ge­nann­te ne­ben­amt­li­che Ret­tungs­as­sis­ten­ten für sie tätig, die eine Stun­den­ver­gü­tung von zwölf Euro brut­to er­hal­ten. Hier­zu ge­hört der Klä­ger.

"Ne­ben­amt­li­che" Ret­tungs­as­sis­ten­ten ohne feste Dienst­schich­ten

Die Be­klag­te teilt die ne­ben­amt­li­chen Ret­tungs­as­sis­ten­ten nicht ein­sei­tig zu Diens­ten ein. Diese kön­nen viel­mehr Wunsch­ter­mi­ne für Ein­sät­ze be­nen­nen, denen die Be­klag­te ver­sucht zu ent­spre­chen. Ein An­spruch hier­auf be­steht al­ler­dings nicht. Zudem teilt die Be­klag­te den ne­ben­amt­li­chen Ret­tungs­as­sis­ten­ten noch zu be­set­zen­de freie Dienst­schich­ten mit und bit­tet mit kurz­fris­ti­gen An­fra­gen bei Aus­fall von haupt­amt­li­chen Ret­tungs­as­sis­ten­ten um Über­nah­me eines Diens­tes. Im Ar­beits­ver­trag des Klä­gers ist eine durch­schnitt­li­che Ar­beits­zeit von 16 Stun­den pro Monat vor­ge­se­hen. Dar­über hin­aus ist be­stimmt, dass er wei­te­re Stun­den leis­ten kann und ver­pflich­tet ist, sich aktiv um Schich­ten zu küm­mern.

Klä­ger fühlt sich wegen Teil­zeit­tä­tig­keit be­nach­tei­ligt

Mit sei­ner Klage hat der Klä­ger zu­sätz­li­che Ver­gü­tung in Höhe von 3.285,88 Euro brut­to für die Zeit von Ja­nu­ar 2020 bis April 2021 ver­langt. Er hat gel­tend ge­macht, die un­ter­schied­li­che Stun­den­ver­gü­tung im Ver­gleich zu den haupt­amt­li­chen Mit­ar­bei­tern stel­le eine Be­nach­tei­li­gung wegen sei­ner Teil­zeit­tä­tig­keit dar. Die Be­klag­te hält die Ver­gü­tungs­dif­fe­renz für sach­lich ge­recht­fer­tigt, weil sie mit den haupt­amt­li­chen Ret­tungs­as­sis­ten­ten grö­ße­re Pla­nungs­si­cher­heit und we­ni­ger Pla­nungs­auf­wand habe. Diese er­hiel­ten zudem eine hö­he­re Stun­den­ver­gü­tung, weil sie sich auf Wei­sung zu be­stimm­ten Diens­ten ein­fin­den müss­ten. Das Ar­beits­ge­richt hat die Klage ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat auf die Be­ru­fung des Klä­gers das Ur­teil des ArbG ab­ge­än­dert und die Be­klag­te zur Zah­lung der ge­for­der­ten Ver­gü­tung ver­ur­teilt.

BAG be­jaht sach­lich nicht ge­recht­fer­tig­te Be­nach­tei­li­gung

Die hier­ge­gen ge­rich­te­te Re­vi­si­on der Be­klag­ten blieb vor dem Fünf­ten Senat des BAG ohne Er­folg. Das Be­ru­fungs­ge­richt habe rich­tig er­kannt, dass die im Ver­gleich zu den haupt­amt­li­chen Ret­tungs­as­sis­ten­ten ge­rin­ge­re Stun­den­ver­gü­tung den Klä­ger ent­ge­gen § 4 Abs. 1 TzBfG ohne sach­li­chen Grund be­nach­tei­ligt. Die haupt- und ne­ben­amt­li­chen Ret­tungs­as­sis­ten­ten seien gleich qua­li­fi­ziert und übten die glei­che Tä­tig­keit aus. Der von der Be­klag­ten pau­schal be­haup­te­te er­höh­te Pla­nungs­auf­wand bei der Ein­satz­pla­nung der ne­ben­amt­li­chen Ret­tungs­as­sis­ten­ten bilde kei­nen sach­li­chen Grund zur Recht­fer­ti­gung der Un­gleich­be­hand­lung. Es sei be­reits nicht er­kenn­bar, dass die­ser Auf­wand unter Be­rück­sich­ti­gung der er­for­der­li­chen "24/7-Dienst­pla­nung" und der öf­fent­lich-recht­li­chen Vor­ga­ben zur Be­set­zung der Ret­tungs- und Kran­ken­wa­gen si­gni­fi­kant höher sei.

Wei­sungs­recht des Ar­beit­ge­bers recht­fer­tigt kei­nen hö­he­ren Lohn

Auch wenn man un­ter­stel­le, dass die Be­klag­te durch den Ein­satz der haupt­amt­li­chen Ret­tungs­as­sis­ten­ten mehr Pla­nungs­si­cher­heit hat, weil sie die­sen ein­sei­tig Schich­ten zu­wei­sen kann, sei sie hier­bei je­doch nicht frei. Sie un­ter­lie­ge viel­mehr unter an­de­rem durch das Ar­beits­zeit­ge­setz vor­ge­ge­be­nen Gren­zen in Bezug auf die Dauer der Ar­beits­zeit und die Ein­hal­tung der Ru­he­pau­sen. Die ne­ben­amt­li­chen Ret­tungs­as­sis­ten­ten bil­de­ten in­so­weit ihre Ein­satz­re­ser­ve. Un­er­heb­lich sei, dass diese frei in der Ge­stal­tung der Ar­beits­zeit sind. Die Be­klag­te lasse in­so­weit un­be­rück­sich­tigt, dass diese Per­so­nen­grup­pe weder nach Lage noch nach zeit­li­chem Um­fang An­spruch auf Zu­wei­sung der ge­wünsch­ten Diens­te hat. Dass sich ein Ar­beit­neh­mer auf Wei­sung des Ar­beit­ge­bers zu be­stimm­ten Dienst­zei­ten ein­fin­den muss, recht­fer­ti­ge in der ge­bo­te­nen Ge­samt­schau keine hö­he­re Stun­den­ver­gü­tung ge­gen­über einem Ar­beit­neh­mer, der frei ist, Diens­te an­zu­neh­men oder ab­zu­leh­nen, be­tont das BAG.

BAG, Urteil vom 18.01.2023 - 5 AZR 108/22

Redaktion beck-aktuell, 18. Januar 2023.

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